piwik no script img

Geschichtsaufarbeitung auf dem BalkanDas schwere Erbe des Josip Broz

In Kroatien feiern Menschen aus vielen Teilen Ex-Jugoslawiens Titos Geburtstag. Seine Rolle als Partisanenführer halten nicht alle hoch.

Titos Geburtshaus im kroatischen Kumrovec Foto: Imago/Pixsell

Kumrovec taz | Die Straße windet sich an den Weinbergen und bewaldeten Hügeln vorbei in Richtung der slowenischen Grenze. Inmitten blühender Wiesen taucht endlich das Schild mit dem Namen des Ortes auf, den Tausende an diesem Wochenende besuchen wollen, Kumrovec, den Geburtsort des wohl berühmtesten Kroaten der Zeitgeschichte: Josip Broz, genannt Tito, Partisanenführer, Kommunist und Staatsmann, jahrzehntelanger Präsident Jugoslawiens.

Doch kein Schild weist an diesem frühen Samstagmorgen, dem 26. Mai, auf die Veranstaltung hin, die hier zu Ehren von Titos Geburtstag stattfinden soll. Der 25. Mai war im alten Jugoslawien ein bedeutender Feiertag.

Schon Tage vorher durchquerten Jugendstafetten das Land, in allen Städten waren Versammlungen zu Ehren des 1892 geborenen Staatschefs anberaumt. Vorbei an den riesigen Busparkplätzen aus der alten Zeit, als hier zuweilen Zehntausende Menschen mobilisiert waren, führt der Weg in den schmucken Dorfkern.

Doch nicht einmal ein Pfeil weist den Weg zu Titos Geburtshaus. Die Gemeinde hat die Häuser um das museale Gebäude mit einem großen Schild mit der Aufschrift „Altes Dorf“ benannt. Es scheint, als schäme man sich in Kumrovec, Geburtsort des Josip Broz zu sein.

Wein mit „Tito“-Etikett

Zwar zeugen die Schilder „Broz“ auf ein paar Weinbergen von der Existenz entfernter Nachkommen und eine Frau bietet auf dem Weg zum Alten Dorf Wein mit dem Etikett „Tito“ an, der vom historischen Weinberg der Familie stammen soll. Doch man muss schon gute Augen haben, um das Denkmal des früher Gefeierten inmitten des Alten Dorfes zu finden.

23 Jahre nach dem Unabhängigkeitskrieg tut sich Kroatien weiterhin schwer, sich mit seinem berühmten Sohn auseinanderzusetzen. Für kroatische Nationalisten stehe Tito für das in den 90er Jahren bekämpfte Jugoslawien, sagt Nenad aus Zagreb. „Sie verstehen nicht, dass Tito im Zweiten Weltkrieg nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen die kroatischen Ustascha-Faschisten gekämpft hat, die so viel Unheil über Kroatien gebracht haben. Sie denken, die rechten Ustaschen waren die Guten und die linken Partisanen die Schlechten.“

Wir müssen uns gegen die Rechtstendenzen in unseren Gesellschaften wehren

Frau aus Bosnien

Der 45-jährige Mechaniker ist der Enkel eines ehemaligen Partisanen. Er kommt jedes Jahr mit seiner Familie hierher. „Mein Großvater hat gegen die deutschen und italienischen Besatzer, aber auch für Kroatien gekämpft. Dagegen hat der kroatische Nationalist, der Ustascha-Führer Ante Pavelić, Kroatien verraten, indem er Teile Dalmatiens und Istriens von Italien annektieren ließ. Die Partisanen haben diese Gebiete wieder befreit,“ sagt er stolz.

Doch seine Stimme verliert sich in der Menschenmenge, jetzt, am Morgen des 26. Mai, sind nur Gleichgesinnte auf den Straßen. Im Geburtshaus sind schon seit Stunden Dutzende von engagierten Aktivisten versammelt. Man bespricht noch mal das Programm.

Lieder der Partisanen

Danach sollen die Redner, zumeist verdiente Funktionäre der Partisanenorganisationen, sprechen, Kinder und Jugendliche sollen Partisanenlieder singen. „Das Programm ist sogar mit dem Bürgermeister abgesprochen“, bedauert Nenad.

„Wie langweilig“, entfährt es einer Frau aus der Gruppe der bosnischen Delegation. „Wir sind doch nicht nur aus Nostalgie hier.“ „Wir stehen vor dem Problem, uns jetzt gegen die Rechtstendenzen in unseren Gesellschaften zu wehren.“ Man müsse die Stimme gegen die Refaschisierung der Gesellschaft erheben, stimmt ein junger bärtiger Mann in einem zerschlissenen, aber originalen Partisanenmantel zu. „Doch das können wir nicht, wenn wir brav Lieder singen. Ein paar Leute und ich haben in Zagreb ein Haus besetzt und es zur befreiten Zone ausgerufen, kommt mal vorbei.“

Inzwischen ist die Menge im Zentrum von Kumrovec angewachsen, es gibt kaum noch ein Durchkommen zu den Gassen mit Getränken und Essen sowie Ständen mit Fahnen, Andenken, Disketten mit Filmen und Liedern. Immerhin gelingt es, einen Roten Stern zu ergattern und in einem der Bierzelte Platz zu finden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • In Kroatien stellt man halt lieber Denkmäler für rechte Terroristen wie Miro Barešić auf. Oder man schickt Minister zum Neonazitreff in Bleiburg/Österreich. So recht erinnern an die kroatischen Machenschaften im KZ Jasenovac will man sich auch nicht erinnern und ist sogar schon dabei, die Geschichte umzudeuten. //http://www.fr.de/kultur/kino/jasenovac-die-wahrheit-kroatische-geschichtsfaelschung-auf-der-leinwand-a-1281531 Gleichzeitig lässt man allerorts gern den Spruch der Ustascha ertönen "Za dom spremni". Wer will da schon Tito feiern, hat er doch alle Ustaschas umgebracht, nachdem sie damals in Österreich kein Asyl bekamen (eben das ist der Grund für das jährliche Treffen in Bleiburg). Der Umstand, dass er aus Kroatien stammte hilft da auch nicht sonderlich viel. Er wird dort als der Mörder der glorifizierten Ustascha gesehen. Gut in Erinnerung sind auch noch die antisemitischen Äußerungen Tudjmans in Erinnerung. Aber berichtet darüber wird eigentlich kaum. Passt halt nicht so recht ins Bild, dass man verkaufen möchte.

  • 8G
    82741 (Profil gelöscht)

    "Josip Broz, genannt Tito, Partisanenführer, Kommunist und Staatsmann, jahrzehntelanger Präsident Jugoslawiens."

     

    Diktator fehlt.

    • @82741 (Profil gelöscht):

      Sehnse - Nu. Da sindse denn ooch nich soo janz alleene - wa! - hier im Geviert!

      Nich - daß Ehne - noch wat friert!;))

       

      Lucius Cornelius Sulla Felix (* um 138 v. Chr.; † 78 v. Chr.; kurz Sulla, manchmal auch Sylla oder Silla geschrieben[1]) war ein römischer Politiker, Feldherr und Diktator in der Spätphase der Republik.

       

      Bitteschön & gern.

      Dannichfür!

      Always at your service!;)

      Na - Si‘cher dat. Normal.

      Sie. Wenigstens einer - der weiß!

      Wovon er redet - kerr!;))

      Auch immer schön. Newahr.

      • 8G
        82741 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Oha, direkt bei wikipedia abgeschrieben, ohne die Quelle anzugeben. Sollte vielleicht mal ein Jurist drüber nachdenken. Nicht dass Plagiatsvorwürfe die Runde machen.

         

        "Bitteschön & gern.

        Dannichfür!

        Always at your service!;)"

         

        Ändert aber nichts an Tito, um den es hier geht und über den man in WP (inkl. Quelle) findet: "[...] fielen Titos Regime im Zeitraum von 1944 bis 1987 insgesamt etwa 1,072 Millionen Menschen zum Opfer."

         

        Ach ja, bei WP finden Sie auch "Im Jahre 79 v. Chr. legte Sulla die Diktatur nieder und zog sich in das Privatleben zurück".

        • @82741 (Profil gelöscht):

          Ja - im Land unbeliebt - ist der … klar bekannt!

           

          Die Quelle ist so evident - copy & …abdafür - daß selbst Sie…ok nix dafür!

          Nu. Erkennt! - jedes Kind quasi blind!;)

          No. Entspricht - Jura also besser nicht!

           

          kurz - da ohn Humor Ohr! Schlag’i vor!

          Sulla Privatier - Sattelns doch dess Tier!

          Dess erspart uns Droh- wie Geklitter!;))