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Tod in der Forensik

Ein Jahr nach dem Tod von Ahmet A. nach einer Zwangsmaßnahme in der Psychiatrie des Klinikums Ost gibt die Staatsanwaltschaft die Aufklärung auf

Von Benno Schirrmeister

Ein Jahr nach dem Tod von Ahmet A. nach einer Zwangsmaßnahme in der Forensik hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen das beteiligte Klinikpersonal eingestellt. Das erfuhr die taz vom Vater des Toten. Die Staatsanwaltschaft konnte zu dem Vorgang am Donnerstag noch keine Stellung beziehen, weil nicht geklärt ist, ob alle Beteiligten des Verfahrens informiert sind.

Der Einstellungsbescheid datiert vom 12. Mai 2018 – an dem sich der Tod von Ahmet A. erstmals gejährt hat, „nicht einen Tag vorher, nicht einen Tag später“, sagte der Vater des Verstorbenen. Er kündigte an, die Einstellung nicht klaglos hinnehmen zu wollen.

Schwer wiegen seine Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden. So seien etwa die Widersprüche in den Schilderungen des Hergangs „einseitig zulasten des Opfers“ aufgelöst worden. So habe die Staatsanwaltschaft Aussagen der Klinikinsassen zwar zu den Akten genommen, diese aber nicht gewichtet. Und weil das am Geschehen beteiligte Klinikpersonal bei der Rekonstruktion des Vorgangs dessen Teilschritte personell nicht zuordnen konnte, hätten die Ermittler die Erfolgschancen einer Anklage als zu gering eingestuft. „Die haben auf 21 Seiten dargelegt, warum von einer Strafverfolgung abzusehen ist“, sagte A.s Vater.

Am Vormittag des 9. Mai 2017 war Ahmet A. von Pflegekräften in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie im Klinikum Bremen Ost (KBO) einer Zwangsmaßnahme unterzogen worden – Codewort „Eberhard“. Trotz seiner Hilferufe und merklicher Atemnot sei er weiter zu Boden gedrückt worden, schildern Augenzeug*innen. Erst als es zum Herzstillstand gekommen war, sei der „Eberhard“ abgebrochen und ein Rettungsteam angefordert worden, so der Vorwurf.

Nicht einmal, warum bis zu dessen Eintreffen 50 Minuten vergingen – der gesamte Vorgang ereignete sich immerhin auf dem Gelände des KBO – haben die Ermittler klären können. Und schleierhaft bleibt auch, warum das Notfallteam nach dessen übereinstimmender Schilderung nicht durch die Psychiatriewärter über den vorhergehenden „Eberhard“ in Kenntnis gesetzt wurde. Aus dem Koma, in das er bei der Zwangsmaßnahme verfiel, ist Ahmet A. nicht mehr aufgewacht. Er wurde 31 Jahre alt.

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