Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um
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Kommen Oktopusse aus dem Weltall? Diese steile These wird öfter unter Wissenschaftler*innen diskutiert. Die Kraken sind einfach so schlau – wie nicht von dieser Welt. Die Kunst liebt die tintenproduzierenden Kopffüßer sowieso. Bei drohender Gefahr verschwinden sie in einer undurchsichtigen Farbwolke. Auch der Wiener Alex Ruthner, der derzeit in der Galerie Philipp Haverkampf ausstellt, scheint gewisse Sympathien dafür zu hegen: In einem kugelförmigen Mosaik hat er einen dieser Meeresbewohner nachgebildet. Die Gemälde in der Ausstellung „+SODA“ hingegen handeln von hybriden Umgebungen aus Computerspielen, die wie unheimliche Verweismaschinen funktionieren. Sie führen in Angsträume, Naturumgebungen oder historische Szenen. Paradoxerweise entfaltet die Rendering-Ästhetik erst in der gemalten Fassung ihre ganze Eigentümlichkeit (bis 26. 6., Mi.–Fr. 11–18, Sa. 11–16 Uhr, Mommsenstr. 67).

Ein nomadisches Ausstellungskonzept verfolgt das in Bochum und Berlin ansässige Unternehmen Provinz. Seit ein paar Jahren produzieren die Betreiber Stephan Strsembski und Vera Gliem gemeinsam mit Künstler*innen Kunst in Auflage zu moderaten Preisen. Derzeit sind die Provinz-Editionen, etwa eine Keramik-Kachel-Arbeit von Judith Hopf, aus deren geometrischen Formen sich das Bild eines Raben ergibt, eine bleiche Deutschlandfahne von Johannes Wohnseifer oder eine geradezu ungewohnt sommerlich-beschwingte Farb­radierung von Andy Hope 1930 im schönen Ladengeschäft der Goldschmiedin Gabi Dziuba in Mitte zu sehen, dessen Interieur einst von Heimo Zobernig gestaltet wurde (bis 30. 6., Di.–Fr. 13–18, Sa. 12–16 Uhr, Rosa-Luxemburg-Str. 25; am 31. Mai wird zwischen 18 und 21 Uhr eine neue Edition von Kai ­Althoff präsentiert).

Das System der Kunstmessen ist kaputt. Der Kostendruck auf den großen Messen erstickt alles Neue und Experimentelle und die kleinen und mittleren Galerien dazu. Ob dies nun stimmt oder nicht: fast alle Galerien müssen Umsatz machen, um zu überleben. Diese Anspannung wird in den Bildern greifbar, die der Berliner Fotograf Julian Röderauf der Art Basel gemacht hat, der weltweit wichtigsten Kunstmesse. Neun große Abzüge sind derzeit in der Kreuzberger Galerie Russi Klenner zu sehen. Röder scheint auf die Intransparenz des Kunstmarkts und den undurchschaubaren Geldkreislauf zu zielen. Er kombiniert die Art-Basel-Bilder mit einer Serie über dealende Kleinkriminelle und Außenansichten von nächtlich erleuchteten Banker-Büros in der Londoner City (bis 16. 6., Mi.–Fr. 12–18, Sa. 11–16 Uhr, Luckauer Str. 16).