Wettbewerb Bauakademie Berlin: Inhalt vor Form
In Berlin wurden die Entwürfe für die Schinkel’sche Bauakademie präsentiert. Im Wettbewerb gibt es fünf Gewinner, die als „Ideenbausteine“ dienen.
Offenbar hat man in Berlin vom Stadtschloss gelernt. Für dessen Rekonstruktion stritt man erst über die Fassadenornamentik, ehe verhandelt wurde, was hinter dem Barockschmuck vonstatten gehen soll. Für die Schinkel’sche Bauakademie, deren Wiederaufbau seit 2016 beschlossene Sache ist, hat man nun einen ungewöhnlichen Schritt gewagt: Bund und Land Berlin lobten einen offenen Programmwettbewerb aus.
Mit der vagen Angabe, einen „Ort für Diskurskultur über Architektur“ zu entwickeln, sollen zunächst Konzepte für die Bauakademie entstehen, bevor mit einem Realisierungswettbewerb über Architektur debattiert wird. Am Montag, den 7. Mai wurden die Ergebnisse verkündet.
Das Rekonstruktionsprojekt inhaltlich aufzuziehen erscheint richtig, „Gestaltung ist unsichtbar“, wie der Sozioökonom Lucius Burckhardt postulierte, und so nimmt mit diesem Wettbewerb – fünf gleichwertige Gewinner, fünf Anerkennungen – erst einmal die immaterielle Struktur der zukünftigen Bauakademie Konturen an, ehe eine bauliche Form entsteht: Alle prämierten Beiträge, die fortan als „Ideenbausteine“ für ein verbindliches Konzept herangezogen werden, präsentieren die zukünftige „Nationale Bauakademie“ als Plattform.
Verschiedene Einrichtungen aus Architektur und Städtebau sollen sich hier bündeln, etwa die TU Berlin, das steht fest, vermutlich auch das Goethe-Institut. Handwerk, Bildung, Forschung und Ausstellung sollen in der neuen Architekturhalle vermittelt werden.
Die Bildferne ist genau richtig
Über Schalträume, wie es AFF Architekten mit Ulrich Müller vorschlagen und eine elastische innere Struktur, wie es sich das Duo merz merz vorstellt, soll das multidisziplinäre Programm in die kleinen Kubatur des historischen Schinkelbaus einziehen. Auch eine unabhängige Intendanz für das Haus wird gefordert.
Für die bildorientierte Öffentlichkeit könnte die mangelnde Sichtbarkeit des Wettbewerbs seltsam sein. Anstatt streitbare Details von rekonstruierten Fassaden zu liefern, zeigen Entwürfe abstrakte Diagramme. Doch diese Bildferne ist genau richtig. Debatten um Rekonstruktionen sind schließlich immer von Illustrationen und computersimulierten Geschichtsvisionen begleitet worden, die eine Auseinandersetzung über Sinn und Zweck eines Wiederaufbaus auch zu einem politischen Agitationsfeld werden lassen.
So wie es der Architekturtheoretiker Stephan Trüby im Falle der nun eröffneten neuen Frankfurter Altstadt darstellte, haben Rechtsextreme die Rekonstruktionsdebatte für sich vereinnahmen können. Inhalte für Architektur jedoch, wie sie jetzt für die Bauakademie diskutiert werden, sind weitaus schwieriger zu instrumentalisieren als Bilder.