: Illegal und digital
Das Cine K in Oldenburg zeigt eine Filmreihe zum Thema „Arbeitswelt im Wandel“. Dabei werden nicht nur aktuelle Filme gezeigt
Von Wilfried Hippen
Wir leben in Zeiten, in denen sich die Formen und Bedingungen von Arbeit grundsätzlich ändern, aber haben sich diese Umwälzungen nicht schon seit vielen Jahren entwickelt? So erklärt sich, dass in der Filmreihe „Arbeitswelt im Wandel“, die vom Oldenburger Kino Cine K in einer Kooperation mit dem Medienbüro Oldenburg veranstaltet wird, nicht nur aktuelle Filme über die Globalisierung und Digitalisierung der Arbeit gezeigt werden.
Die Reihe beginnt am Mittwoch mit „Bread and Roses“, dem ersten und bisher einzigen Spielfilm, den Ken Loach im Jahr 2000 in den USA (aber mit europäischem Geld) drehte. Und er ist erstaunlich aktuell geblieben, denn Loach erzählt hier von mexikanischen Arbeitsimmigranten, die von Menschenschmugglern über die Grenze nach Kalifornien gebracht wurden und als Reinigungspersonal in den Wolkenkratzern von Los Angeles arbeiten. Als illegal dort Lebende werden sie gnadenlos ausgenutzt, bis sie sich in einer Gewerkschaft organisieren und für ihre Rechte kämpfen. Das ist eine von den für Loach typischen Geschichten über wehrhafte Proletarier, aber wer sonst erzählt sie so authentisch und radikal wie er?
In „Mammuth“ von Benoit Delépine und Gustave Kervern aus dem Jahr 2010, der am 6. Juni gezeigt wird, spielt Gerard Depardieu eine seiner großen Altersrollen. Dass der Weinbergbesitzer, der wegen der hohen Steuern in Frankreich das Land verließ und zu einem Freund Russlands und Putins wurde, hier einen armen Rentner spielt, der sich auf einem alten Motorrad auf eine Reise durch das Land und seine Vergangenheit begibt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, doch er ist nun mal einer der besten Filmschauspieler unserer Zeit und das Roadmovie ist mit soviel widerborstigem Realismus und bodenständigem Witz inszeniert, dass man diese Widersprüche sehr schnell vergisst.
In „Digitale Nomaden – Deutschland zieht aus“ aus dem Jahr 2015 , der am 22. Juni die kleine Reihe abschließt, stellt der Dokumentarfilmer Tim Jonischkat Arbeitende vor, die diese neuen Arbeitsbedingungen vor allem als eine Chance für eine freieres Leben ansehen. Erzählt wird das im Stil einer launigen, bewusst subjektiv gehaltenen Recherche, bei der der Protagonist Thorsten Kolsch versucht herauszufinden, ob er diesen Lebensstil als „Freigeist“ selbst leben will. Von den prekären Verhältnissen, in denen viele von diesen Freiberuflern leben, wird da wenig erzählt, denn interviewt werden „die bekanntesten digitalen Nomaden Deutschlands“ und auch sonst wird hier eher unkritisch eine digitale Aufbruchstimmung verbreitet.
Ken Loach würde diesen Film wohl nicht mögen.
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