Jungliberal verunsichert

Damit verblüfft der Vorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis) nun wirklich. Man wisse ja noch gar nicht, womit CDU und SPD in den Bundestagswahlkampf ziehen wollten, erklärt Lasse Becker. Darum wollten die Jungliberalen auch noch nichts über ihre Lieblingskoalition sagen. Wie – Steuererhöhungen mit dem neuen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, noch nicht gehört? Hat doch die Nominierung Steinbrücks bei vielen eine regelrechte Ampel-Manie ausgelöst – und die JuLis haben noch nicht über Bedingungen für ein rot-grün-gelbes Bündnis nachgedacht?

Ja nun, sagt Becker. Natürlich habe es auf dem JuLi-Bundeskongress in Halle, der am Sonntag zu Ende ging, auch radikale Stellungnahmen dazu gegeben – dafür wie dagegen. Er selbst hält sich aber sehr bedeckt. „Wir wollen nichts ausschließen.“ Man könne doch bis nach der Wahl warten und dann inhaltliche Übereinstimmungen ausloten. „Ich ganz persönlich bin skeptisch“, sagt Becker, ob eine Ampelkoalition unter Steinbrück funktionieren könne. Dass Steinbrück für die FDP eine letzte Mitregierungschance eröffnen könnte, versetzt ihn jedenfalls nicht in Euphorie.

Was den 29-jährigen VWL-Doktoranden der Uni Göttingen überhaupt entzündet, wird auch sonst nicht klar. „Ich bin skeptisch“, lautet bei vielen Fragen die Einleitung zu seinen Antworten. Damit aber verkörpert Becker, der seit 2010 den Jungliberalen vorsitzt, das Unsicherheits-Paradoxon der JuLis auf geradezu idealtypische Weise.

Seit jeher ist es Ziel und Zweck der Partei-Jugendorganisationen, eine radikalere Version der Erwachsenen abzugeben. Bei den anderen klappt das auch leidlich. Nur die JuLis wissen schon seit Jahren nicht, wohin. Deshalb klingen sie oft sogar vernünftiger als die Großen. Neoliberaler als weiland Guido Westerwelle, das ging gar nicht. Die Elternpartei dagegen von links schelten – das könnte zu früh für jemanden sein, der wie Becker seine Aufstiegsmöglichkeiten in der FDP noch auslotet.

Der JuLi-Kongress entschied sich in Halle: für Sparen, gegen Beschneidung. Mehr irgendwie als der aktuelle FDP-Chef Philipp Rösler, das ist nicht so schwer.

ULRIKE WINKELMANN