Hajo Schiff
Hamburger Kunsträume
: Geteiltes Erbe

In der Kultur sind Auseinandersetzungen meist unblutig, aber oft teuer. Doch der Streit fängt schon beim Begriff selbst an, den Plural zu bilden hilft gut weiter. Das Ideal kultureller Gemeinsamkeiten zu fördern, ist ein großes Anliegen der Europäischen Union, die sie mit manchen finanziell gut gefütterten Aktionen fördert.

So haben wir zurzeit das „Sharing Heritage Year“, das die Identitätsidee anhand des Kulturerbes fördern soll. Im Januar ausgerechnet im Rathaus der Freien und Abrissstadt Hamburg eröffnet, ist es sicherlich nur eine boshafte Assoziation, dass „share“ auch „Aktie“ heißt: Das Alte muss im Kapitalismus eben auch Nutzen abwerfen – oder es kommt weg. Der Streit um die City-Hochhäuser ist unter diesem besonderen Gesichtspunkt des EU-Motto-Jahres noch mal brisanter.

Gleichwohl gibt es jetzt ab 28. Mai eine Ausstellung im schönen Jenisch-Haus, die das Bauerbe des dänischen Klassizismus nochmals vorstellt. Immerhin begann der halb Nordeuropa umfassende dänische Gesamtstaat bis 1864 hier in Altona und die 1754 gegründete Akademie in Kopenhagen war eine der wichtigsten Künstlerorte Europas. Vier dort ausgebildete Architekten prägten um 1800 grenzüberschreitend das Bauen in Schleswig, Holstein und Hamburg: Die Dänen Christian Frederik Hansen, Axel Bundsen und Joseph Christian Lillie sowie der in Hamburg geborene Johann August Arens. Der Austausch mit Dänemark geht aber auch weit in die Gegenwart, man denke an die von Verner Panton 1969 gestaltete berühmte orange-rote Kantine des Spiegel.

In Stadt und Land aufmerksam herumzulaufen, bildet nicht nur ein Gespür für das historische Erbe, es führt auch zu allerlei kleineren Entdeckungen. Es gibt Künstler*innen, die noch wie in alten Zeiten auf ihren Wegen gefundene Brachen zeichnen und zu Hause daraus dann Bilder „lieblicher Orte“ fertigen: Ralf Jurszo ist einer von ihnen. Und Ottmar von Poschinger haben es die vermeintlich nutzlos gewordenen Dinge am Wegesrand angetan. Er kann nicht umhin, sie zu sammeln, sie zu einer Wunderkammer des kleinen Abfalls zu sortieren und dann fotografisch zu dokumentieren.

Beide teilen ihr besonderes Erbe mit den geneigten Besucher*innen des Künstlerhauses Frise noch bis zum Montag.