Washington und Brüssel einigen sich über Auslieferung

Abkommen Europäern droht keine Todesstrafe mehr. Auch Zugriff auf Ermittlungsdaten jetzt geregelt

„Was das Übergangsabkommen angeht, sehe ich für den Datenschutz schwarz“

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Zwei Mal im Jahr treffen sich hochrangige amerikanische und europäische Innen- und Justizpolitiker, um über sensible Fragen wie die engere Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Kriminalität, visafreiem Reiseverkehr oder Datenschutz zu sprechen. Zwei Abkommen, über die seit den Terroranschlägen 2001 verhandelt worden war, konnten nun abgeschlossen werden. Sie regeln die Auslieferung von Verdächtigen und den Zugriff auf Ermittlungserkenntnisse. Die Ratifizierung war möglich geworden, weil die USA nun generell zusichern, dass den von Europa ausgelieferten Verdächtigen nicht die Todesstrafe droht.

Der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht, der im Innenausschuss arbeitet, sieht das Verhandlungsergebnis positiv. Er war selbst in Washington bei der Unterzeichnung anwesend. Der taz sagte er: „Ich finde es sehr gut, dass es diese Abkommen nun gibt. Die von beiden Seiten anerkannten Standards für Gerichtsverfahren und für Datenschutz sind eine gute Basis für die anstehenden Verhandlungen, zum Beispiel über SWIFT.“

Derzeit verhandelt die EU mit den USA darüber, unter welchen Bedingungen sie Zugang zu den europäischen Bankdaten des SWIFT-Zahlungsverkehrs haben dürfen. Der Finanzdienstleister SWIFT hatte seine zweite Datenzentrale aus den USA in die Schweiz verlegt, nachdem die amerikanische Heimatschutzbehörde Einsicht in die Daten erzwungen hatte. Kaum waren die Daten gesichert, forderten die EU-Regierungen die schwedische Ratspräsidentschaft auf, den USA wieder Zugriff zu ermöglichen. Sie begründeten das damit, dass sonst der für die Terrorbekämpfung wichtige Datenfluss zum Erliegen käme.

Nun soll ein Abkommen den Zugang regeln. Das Europaparlament warnt davor, dass europäische Datenschutzvorschriften dabei missachtet werden könnten. Das Abkommen soll aber nur übergangsweise gelten, bis der Lissabon-Vertrag in Kraft ist und auf Grundlage des neuen Mitentscheidungsverfahrens das EU-Parlament in die Verhandlungen einbezogen werden kann.

„Was das Übergangsabkommen angeht, sehe ich für den Datenschutz schwarz. Da kann sich die neue Obama-Administration noch nicht bewegen, weil die öffentliche Meinung in den USA so verhärtet ist“, glaubt Albrecht. „Der Kampf gegen den Terror wird als wichtiger angesehen als die Bewahrung von Bürgerrechten.“ Deshalb sei es wichtig, den europäischen Druck für bessere Standards aufrecht zu erhalten. An anderer Stelle aber mache sich die Klimaveränderung bemerkbar. „Eine Generalklausel zur Todesstrafe hätte es ohne die neue Obama-Administration nicht gegeben.“

Doch die innenpolitischen Widerstände gegen den neuen Politikstil seien gewaltig. Deshalb hofften demokratische Kongressabgeordnete auf Unterstützung von außen. „Sie wollen, dass wir da ordentlich Druck machen, weil sie sich gegenüber den Hardlinern machtlos fühlen.“

Albrecht hofft, dass zum 1. Januar der Lissabon-Vertrag in Kraft treten kann. Dann erhält das Europaparlament in der Innen- und Justizpolitik weitreichende Mitentscheidungsrechte. Bei der Justizzusammenarbeit mit Drittstaaten, dem Antiterrorkampf und allen Sicherheitsfragen seien der Rechtsschutz für Verdächtige und die Grundrechte in den letzten Jahren ausgeblendet worden. Das müsse zurechtgerückt werden.