piwik no script img

die drei fragezeichen„Wird uns der Kopf abgeschlagen, sacken wir zusammen und fallen um“

Foto: privat

Michael Klintschar, 52, ist Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover.

1taz: Herr Klintschar, kann ein Mensch ohne Kopf gehen?

Michael Klintschar: Nein. Das Gehirn steuert unsere Bewegungen. Schlägt uns jemand den Kopf ab, ist das Gehirn vom Körper getrennt, also: abgeschnitten. Das Rückenmark ist noch da, es bleiben Reflexe: auf Schmerz vielleicht, ein Beispiel: Zwickt uns jemand ins Bein, würden wir es vielleicht reflexhaft wegziehen. Das kann ich mir vorstellen. Aber dass einer ohne Kopf noch zwölf Schritte geht? Nein. Die Befehle an die Muskulatur fehlen. Gehen ist ein komplexer Vorgang, es braucht Planung, um einen Schritt zu tun. Wird uns der Kopf abgeschlagen, sacken wir zusammen und fallen um. Zu einhundert Prozent ausschließen kann ich es natürlich nicht. Das hat ja noch niemand am Menschen getestet. Zumindest hoffe ich das.

2Man hört von Hühnern, die ohne Kopf flattern und herumrennen. Wie kann das sein?

Hühner sind primitive Lebewesen, ihr Kopf hat weniger Bedeutung als beim Menschen. Die Wirbelsäule ist bei diesen Tieren wichtiger, die Nervenzellen dort. Das hat einen Vorteil: Der Reiz muss nicht erst ins Hirn, das Huhn ist ein Fluchttier, die Reaktion auf Bedrohung ist im Rückenmark gespeichert. Wird einem Huhn der Kopf abgeschlagen, und das kann durchaus als Bedrohungssituation gelten, flattert das Huhn und rennt weg. Aber auch hier bin ich mir sicher: Das Huhn kann keine gesteuerte Strecke mehr laufen, das geht nur noch zufällig: Weg vom Schmerz!

3Haben Sie in Ihrem Beruf eigentlich oft mit Geköpften zu tun?

Ja, das kommt schon vor. Zum Glück aber nicht sehr häufig. Vielleicht ein bis zwei Fälle im Jahr.

Interview Tobias Scharnagl

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen