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Neues aus dem Bienenstock

Zunehmend setzen Imker auch auf alte Bienenrassen. Doch auch die leiden massiv unter dem Einsatz von Pestiziden. Abseits der großen Debatte über Gifte gibt es viel Bewegung innerhalb der Imkerei

Die Honigbienen seien gut aus dem letzten Winter gekommen, so die vorsichtige Einschätzung von Klause Eisele, seines Zeichens Vorsitzender des Imkerverbands Rheinland-Pfalz. In Zeiten des „Bienensterbens“ eine Aussage, die ein bisschen Hoffnung macht. Allerdings werde sie durch die zaudernde Haltung der Europäischen Union gegenüber einem Verbot der Pestizidgruppe der Neonicotinoide arg eingetrübt, klagt Imker Eisele. Denn obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) Ende Februar einen Bericht veröffentlichte, der bestätigt, dass die häufigsten Anwendungsarten von Neonicotinoiden (mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid, Thiamethoxam) ein Risiko für Wild- und Honigbienen darstellen, verschob die Kommission im März ihre Entscheidung ein weiteres Mal.

Abseits dieser großen Gift­debatte, bei der sich Imker, Landwirte, Naturschutzschützer und Agrarchemie-Lobbyisten unversöhnlich gegenüberstehen, gibt es viel Bewegung innerhalb der Imkerei. Vor allem in den Städten hat das Imkern in der letzten Zeit eine erstaunliche Resonanz erlebt; sicherlich auch durch Aktivitäten wie die von Corinna Hölzer und Cornelis Hemmer aus Berlin, die die Initiative „Deutschland summt!“ auf den Weg gebracht haben. Sie trommeln für das Bienenthema, tragen es in Schulen, Vereine und sogar in den Garten des Bundespräsidial­amts. „Wir müssen etwas gegen die Neonicotinoide unternehmen, sonst werden wir unserer Zukunft beraubt“, warnt Hemmer.

Nicht alle Imker und alle Bieneninstitute positionieren sich so deutlich, weiß der Verbands­imker Klaus Eisele. Neben unterschiedlichen Auffassungen über Ursache und schädigende Wirkung der Varoamilbe auf die Bienenvölker gibt es auch diametrale Standpunkte zu Züchtungsmethoden und Bienenrassen. So setzt eine größere Fraktion ausdrücklich auf eine Weiterzucht der am weitesten verbreiteten Bienenrasse Carnica, während eine kleinere Fraktion auf alte Rassen wie die Dunkle Biene zurückgreift. Wie zum Beispiel Holger Spreer und Nele Wree auf dem kleinen Eiland Süderoog im nordfriesischen Wattenmeer. Der schmucklose Stock ihres Volkes steht unter einem knorrigen, windgekrümmten Apfelbaum. Westwind weht kräftig durch die Blätter des Obstgehölzes, während Holger Spreer in voller Imkermontur eingekleidet den Deckel des Bienenstocks anhebt und ein Wabenrähmchen heraushebt. Austernfischer fliegen hinweg, Möwen krächzen. Dunkelbraune Bienen schwirren heraus, fliegen nervös herum. „Ich höre es schon an ihrem Summen, dass sie heute nicht so gut drauf sind, vielleicht liegt es an der gewittrigen Luft.“

„Uns geht es gar nicht um den Honig, uns geht es um die Bienenrasse an sich“, erklärt der Imker und erzählt, dass der Betrieb seit 2015 ein anerkannter Arche-Hof der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) ist. So hält man Coburger Fuchsschafe, Minischweine und Highländer. „Dazu passt die Heidebiene (Dunkle Honigbiene) wunderbar, die vor der Einführung der Carnica in unseren Breiten die am weitesten verbreitete Bienenrasse war.“

Dabei hebt der Insulaner die besonderen Eigenschaften des nördlichen Dunklen-Bienen-Typs namens Heidebiene (Apis mellifera mellifera lehzeni) hervor. „Sie fliegt schon bei niedrigeren Temperaturen aus, und sie bestäubt ungefähr 40 Prozent mehr einheimische Pflanzen im Vergleich zu Carnica, die ursprünglich eigentlich aus dem Mittelmeerraum stammt.“

Was bietet die kleine Insel in der Nordsee überhaupt als Tracht? Weiden, Weißdorn, Schwedische Mehlbeere, Holunder und Buschrosen stehen im Frühjahr im Angebot; im Sommer bietet die zweite Tracht dann lila blühender Halligflieder, Klee, Grasnelke, Falsche Kamille, Hundskamille und Salz­wiesengewächse. Ein extravagantes Blütenbukett, das sich auch im Geschmack des dunkelfarbenen Honigs niederschlägt. „Ich mag den herben Ton sehr gern“, schwärmt Holger Spreer über seinen Honig.

Falls welcher gewonnen werden kann. Im kühlen und nassen Sommer 2017 fiel für die Hallig-Imker nichts ab. „Den habe ich den Bienen in ihrer Beute ­gelassen, damit die gut durch den Winter kommen.“

Dierk Jensen