Rot-Grün schmeckt noch

Eine neue Umfrage ergibt Verluste für die SPD und Zuwächse für die Grünen. An einen Regierungswechsel zur CDU in zwei Jahren glaubt niemand. Kleine Parteien bleiben stabil

Noch Nachschlag? Die Linke würde in Zukunft gerne in der Regierung mitmischen Foto: Martin Schutt/dpa

Von Sven-Michael Veit

Auch nach dem Weggang des langjährigen Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) hat Rot-Grün eine verlässliche Regierungsperspektive in Hamburg. Verluste der SPD gleicht der grüne Partner weitgehend aus und landet damit erstmals sogar vor der CDU. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Meinungsumfrage des Instituts Forsa für die Springer-Blätter Bild und Welt am Montag.

Knapp zwei Jahre vor der nächsten Bürgerschaftswahl im Februar 2020 käme die SPD bei der Sonntagsfrage auf nur noch 36 Prozent – 9,6 Punkte weniger als bei der Wahl 2015 (siehe Kasten). Der CDU-Opposition nützt dies jedoch nichts, sie stagniert bei mageren 16 Prozent und wird noch von den Grünen überholt, die erstmals zweitstärkste Partei würden. Sie liegen in der Umfrage bei 18 Prozent 5,7 Prozent über ihrem Ergebnis von vor drei Jahren. Die Linken legen leicht zu auf 12 Prozent (plus 3,5), FDP (minus 0,4) und AfD (plus 0,9) können mit jeweils 7 Prozent ihre Position in etwa behaupten.

Mit zusammen 52 Prozent hätte das seit 2015 amtierende rot-grüne Regierungsbündnis auch weiterhin eine stabile Mehrheit in der Bürgerschaft, die Verluste liegen bei knapp 6 Prozent. Allerdings würde sich das Binnenverhältnis deutlich zugunsten der Grünen verschieben: Sie erhöhten ihren prozentualen Anteil im Bündnis von einem Fünftel auf ein Drittel. Insgesamt sind 61 Prozent der 1.001 Befragten mit der Arbeit des rot-grünen Senats zufrieden (55 Prozent) oder sehr zufrieden (6 Prozent).

Dennoch bietet sich inzwischen die Linke als Koalitionspartner der SPD an. Durch den Weggang von Olaf Scholz habe sich die politische Lage in Hamburg geändert, glaubt Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus: „Unsere Oppositionsrolle können wir nach der Wahl in zwei Jahren vielleicht nicht mehr durchhalten“, sagte sie in einem Doppelinterview mit ihrer Co-Vorsitzenden Cansu Özdemir in der Welt am Sonntag. Die befürchtet, künftig nicht mehr „den Luxus zu haben, alles auszuschließen, um nur unser Ding machen zu können“.

An der Fortsetzung der Scholz-Politik hat sich unter seinem Nachfolger Peter Tschentscher (SPD) allerdings nichts geändert. Zudem würde Die Linke in solch einem Bündnis auf ihre Ex-Vorsitzende Dora Heyenn treffen, die zur SPD übergelaufen ist. Die hatte, solange sie noch bei den Linken war, eine Zusammenarbeit mit der SPD von einer Entschuldigung für die Agenda-2010-Politik abhängig gemacht – dann trat sie auch ohne in die SPD ein. Ex-Bürgermeister Scholz wird in der repräsentativen Forsa-Umfrage sogar von 65 Prozent ein gutes Abschlusszeugnis ausgestellt. Sein Nachfolger Tschentscher hat da noch Luft nach oben: 38 Prozent der Befragten erklärten, den langjährigen Finanzsenator gar nicht zu kennen.

Das amtliche Endergebnis der Bürgerschaftswahl vom 15. Februar 2015:

Stimmen: SPD 45,6 Prozent (2011: 48,4%), CDU 15,9 % (21,9%), Grüne 12,3% (11,2%), Die Linke 8,5% (6,4%), FDP 7,4% (6,7%), AfD 6,1% (--), Sonstige 4,2% (4,5%).

Mandate: SPD 58, CDU 20, Grüne 15, Linke 11, FDP 8,

AfD 8.

Mehrheit: Die rot-grüne Koalition hat mit 73 von 121 Sitzen eine klare Mehrheit in der Bürgerschaft.

Ein schwerer Schlag ist die Umfrage für die CDU. Sie stagniert auf dem 2015 erreichten Tiefpunkt. Fraktionschef André Trepoll, der sich als Herausforderer von Tschentscher zu profilieren versucht, halten aber nur elf Prozent der Befragten für geeignet. Deutlich in Führung in der Gunst der WählerInnen liegt mit 23 Prozent Karin Prien, die voriges Jahr aus der Hamburger Bürgerschaft als Bildungsministerin nach Schleswig-Holstein wechselte – und erklärte, dort auch bleiben zu wollen. Allerdings scheint das zweitrangig zu sein: 62 Prozent gehen davon aus, dass die SPD auch nach der Wahl 2020 den Bürgermeister stellen wird.

Einer Umfrage des Politikforschungsinstituts Policy Matters im Auftrag der Zeit zufolge waren Anfang März nur rund die Hälfte aller Hamburger mit der Arbeit des Senats zufrieden gewesen, die SPD hatten nur noch 28 Prozent wählen wollen.

Diese Umfrage hatte allerdings stattgefunden, während über den Wechsel von Scholz nach Berlin und seine Nachfolge in Hamburg spekuliert wurde – also in einer Ausnahmesituation, die mit den statistischen und empirischen Methoden der Demoskopie nicht hinreichend belastbar abgebildet werden kann.