Blasmusik ohne Grenzen

Sieben Bläser und kein Entkommen: Die Triennale-Operette „Das trojansiche Boot“ ergibt keinen Sinn, macht aber Spaß. Zwei Stunden lang zertrümmern sie alle Rollenklischees und Musikvorgaben

von ANNIKA JOERES

Die Bühne ist leer, karger Estrich ohne Wand und Vorhang in der Bochumer Jahrhunderthalle. Nur sieben Blasinstrumente, aufgereiht. Die Musiker: Sieben Männer in altmodischen Anzügen. So sollen zwei Stunden amüsant vergehen? Nach wenigen Minuten haben die sieben Blechbläser alle Zweifel überspielt: „Das trojanische Boot“, die selbst ernannte erste Operette des 21. Jahrhunderts vergnügt.

Das Mnozil-Brass-Septett erzählt mit sparsamem Gesang und aufwändiger Musik die Geschichte von zwei verfeindeten Inselvölkern und einer wunderschönen Fee. Die eine Insel wird von Kriegern bevölkert, die andere von Musensöhnen. Als eines Tages überraschend ein Boot auftaucht – das trojanische aus dem Titel – sehen die einen darin Anzeichen einer Attacke, die anderen vermuten an Bord eine wunderschöne Prinzessin. Die tumben Krieger singen simple Musical-Songs, die gutherzigen Musen komplizierte Stücke. Beherzt schwimmt ein Krieger hinüber, trifft tatsächlich auf eine über alle Maßen schöne Prinzessin und verliebt sich sofort. Es geschieht, was in jeder Operette geschehen muss: Die beiden singen ein Duett. Anrührend ist das nicht, schließlich verfallen sie in einen grausigen Wiener Slang, das Schiff ein fußballgroßes Origami-Boot. Und die Angebetete ist einer der knabenhaften Männer mit langen Haaren und Zopf. Alle Rollenmuster werden auf den Kopf gestellt.

Am schönsten ist das Werben der Musiker um die Gunst der vermeintlich Schönen: Statt zu einem Krieg kommt es zu einem Kampf der Musik. Trompete kämpft gegen Posaune, Jodler gegen Techno, Tuba gegen Rock`n Roll: Das männliche Gehabe wird lächerlich und komisch, wenn dann auch der kleinste Typ mit einem riesigen Alpenhorn auftaucht. „Auf ins musikalische Gefecht! Es siege unser röhrendes Geschlecht!“, donnern sie. Am Ende reist die Umkämpfte wieder ab und lässt die zu Hochform aufgelaufenen Musiker zurück, beschämt und irritiert.

„Das Trojanische Boot“ ist die erste Theaterarbeit von Mnozil Brass, Regie führte Bernd Jeschek. Sie sind allesamt Absolventen der berühmten Wiener Musikuniversität und tingeln durch ganz Europa. Die Profis schaffen den Witz ohne Klamauk, auch wenn manche Szenen arg an Schülerstreiche erinnern. Selbst ihr Flötespielen mit dem Nasenloch ist erheiternd. Die Uraufführung in der Jahrhunderthalle wurde frenetisch gefeiert, jetzt zieht das Septett zu weiteren Spielstätten der Triennale, ins Gelsenkirchener Consol-Theter und in die Alfred-Fischer-Halle in Hamm. Mehr als sieben Blasinstrumente werden die Künstler auch dort nicht benötigen, um die ZuhörerInnen zu begeistern.

Triennale UnterwegsDo, 20:00 Uhr Consoltheater, GESa, 20:00 Uhr, Fischer-Halle, HammInfos: 0700-20023456