Ohne Scholz kopf- und führungslos

Hamburgs SPD im Machtkampf der Lager

Von Sven-Michael Veit

Mit der Eigenverantwortung kann Hamburgs SPD nicht gut umgehen. Kaum war der große Zampano Olaf Scholz gen Vizekanzlerwürde aufgestiegen, fielen die zurückgebliebenen SozialdemokratInnen zurück in die Zeiten der alten Grabenkämpfe. In der Frage der neuen Fraktionsführung drohten sich Fraktion und Partei am kommenden Montag zu zerlegen: Rechts gegen links lautet die Frontstellung. Am Freitagnachmittag hat links, quasi in letzter Minute, nachgegeben.

Scholz hatte seit 2009 seine GenossInnen fest im Griff, als Parteichef und Bürgermeister. Er war der erste, der beide Posten in Personalunion bekleiden durfte, niemand wagte ihm zu widersprechen. Nun wird die rote Macht an der Elbe wieder aufgeteilt nach dem alten Prinzip des „eisernen Dreiecks“, das Hamburgs SPD jahrzehntelang befolgt hatte: Bürgermeister, Parteivorsitzender und Fraktionschef bestimmen gemeinsam den Kurs von Partei und Senat.

Und da wollen jetzt alle Seiten ihren Einfluss vergrößern. Bürgermeister wurde Peter Tschen­tscher aus dem linken Kreisverband Hamburg-Nord, Parteichefin Melanie Leonhard aus dem kleinen und eher unabhängigen Kreisverband Harburg. Den Posten der Fraktionsführung reklamiert nun der rechte Kreisverband Hamburg-Mitte für sich:

Dessen Chef Johannes Kahrs, Bundestagsabgeordneter und Sprecher des bundesweiten „Seeheimer Kreises“ der SPD-Rechten, will unbedingt seinen Gefolgsmann Dirk Kienscherf dort installieren, die Parteilinke bot hingegen Milan Pein auf, den Vorsitzenden des linken Kreisverbandes Eimsbüttel – der jetzt zurückzog.

Pein begründete das mit der zu erwartenden knappen Entscheidung in einer Kampfabstimmung, die den unterliegenden Kandidaten auf Jahre hinaus beschädigen würde. „Die Fraktion und die Partei brauchen aber jetzt nichts dringender als Geschlossenheit“, sagte Pein.