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WeinprobeMichael Pöppl
: Extremisten im Glas

Als Marco Callegaro vor gut fünf Jahren nach Berlin zog, hatte er ein abgebrochenes Jurastudium und eine spannende Ausbildung im Le Cantine Isola hinter sich, einer der bekanntesten Weinbars von Mailand. „Ich wollte selbständig mit Wein arbeiten. Aber in Mailand braucht man sehr viel Geld, um ein Geschäft zu eröffnen. Und in Berlin gab es zwar italienische Weine, aber Weine von jungen, spannenden Winzer fehlten.“

Die Cantine Sant’ Ambroseus ist eine gelungene Mischung aus Weingeschäft und entspannter Weinbar. Vor allem Naturweine sind im Angebot: naturbelassen, spontanvergoren und oft aus autochthonen Rebsorten. Rund 25 offene Flaschen hat er im Wechsel in seinen Weinschränken. Sie können auch für 15 Euro Korkgeld vor Ort getrunken werden. Dazu gibt es italienische Wurst und Käse aus der Vitrine. Die Lieferanten und Winzer besucht er meist selbst, erzählt Marco. Oft bekomme er auch Empfehlungen von Freunden, die auf ungewöhnliche oder kleine Weingüter gestoßen sind, die teils nur 4.000 Flaschen eines Weines produzieren. Eine Frage, und schwupps, steht wieder ein neues sauberes Glas vor einem: „Diesen Extremisten musst du auch unbedingt probieren.“ Es geht oft wild zu im Glas, mal hüpfen Blumenwiesen über die Zunge, mal machen sich überreife Äpfel im Gaumen breit, mal erinnert der Wein an einen sauersüßen Balsamico, fantastisch, aber vielleicht nicht jedermanns Geschmack.

Für die taz-Leser hat Marco zwei weniger „extremistische“, aber dennoch beeindruckende Naturweine ausgesucht. Bewusst fängt er mit dem Roten an: „Der ist sanfter.“ Es ist ein „Banino giovanne“ der Azienda Antonio Pagada aus dem lombardischen San Colombano, ein 2015er-Cuvée aus Barbera, Croatina und Uva Rara. Ein runder, feiner Geruch von kleinen roten Beeren steigt in die Nase, der Gaumen schmeckt, neben den dann schon kräftigen Beerenaromen, angenehmes Tannin und gesunde Säure, ein feiner, aber zugleich intensiver Wein zur deftigen lombardischen Küche.

Als Nummer zwei hat Marco einen „Fricando“ von 2016 eingeschenkt, der golden wie Honig leuchtet: Der Orange-Wein aus der Rebsorte Albana stammt vom biodynamischen Weingut Al di là del Fiume südlich von Bologna. Achtsamkeit und viel Zeit sind das Geheimnis des Winzerpaares Danila und Gabriel Mongardi. Die Trauben werden lange mitsamt der Schale vergoren, daher die Farbe, und ruhen dann ohne künstliche Hefezusätze einige Monate in Terrakotta-Amphoren. Heraus kommt ein sehr spannender und ungewöhnlicher Wein: In die Nase steigt ein Hauch von geräuchertem Pfeffer, frischem Heu und überreifen gelben Beeren, auf der Zunge und im Gaumen tanzen Aromen von saftigen gelben Äpfeln, Mispeln und wilden Kräutern, begleitet von trockenen Sherry-Noten und tatsächlich einem milden Honig-Ton. Überraschend und einfach wunderbar.

Cantine Sant’ Ambroseus: Hufelandstr. 17, Prenzlauer Berg, Tel. (0152) 1333 2842.

Angebot für taz-Leser: Beim Kauf von 12 Flaschen „Banino rosso 2015“ von der Azienda Antonio Pagada (0,75 l für 13 Euro) oder von 12 Flaschen „Fricando 2016“ von Al di là del Fiume (0,75 l für 16 Euro) erhalten Sie eine weitere Flasche dazu, die Marco Callegaro für Sie persönlich aussuchen wird.