das ding, das kommt
: Material für Problemliebhaber

Wer heute Super-8-Filme entwickeln will, muss oft selbst Hand anlegen – und sei’s mit Kaffee und Meerwasser Foto: Dnalor 01/ Wikimedia Commons

Zum unverkennbaren sinnlichen Repertoire der unbeschwerten 70er gehörte das sanfte Rattern von Super-8-Kameras auf Gartenfesten, Einschulungen oder im Urlaub – und der staubige Duft der erhitzten Projektoren beim gemeinsamen Heimkinoabend im holzvertäfelten Partykeller, auf dem die – meistens – vom Vater oft noch mühevoll mit Tonspuren versehenen und per Klebepresse miteinander vermählten Zeitdokumente der versammelten Bekanntschaft vorgeführt wurden.

1964 von Kodak entwickelt, machte der Schmalfilm in der Kassette das Drehen auch für Amateure praktikabel – Kodaks Slogan damals: „Oder lieben Sie Probleme?“ 1970 wurden in der BRD 10 Millionen Super-8-Filme verkauft, 1980 schon 20 Millionen. Dann machte Video dem Analogfilm den Garaus, heutzutage wechseln weltweit nur noch ein paar 100.000 Filme ihren Besitzer. Doch die Sehnsucht nach dem warmfarben-grobkörnigen, so angenehm nostalgisch unscharfen und irgendwie geheimnisvollen – weil eben auch nicht 100-prozentig planbaren – Bewegtbild wächst in Zeiten von Ultra High Definition wieder: Neue Kameras werden entwickelt, kleine Labore bieten Entwicklung an, die verbliebenen Hersteller von Filmen kämpfen mit Versorgungsengpässen.

Für Super-8-Aficionados bedeutet das: Ein bisschen muss man Probleme vielleicht doch lieben – zum Beispiel, will man nicht verzichten auf den längst nicht mehr hergestellten Kodachrome K40. Den zu entwickeln nämlich ist so kompliziert, dass man heute selbst Hand anlegen muss: „Die Originalrezeptur ist zwar kein magisches Geheimnis, aber megakompliziert: 13 Bäder!“, schreibt die Berliner Filmemacherin und Autorin Dagie Brundert. Aber immerhin: Am Ende war „bisher noch immer ein Bild zu sehen!“

Jetzt kommt Brundert mit ihrem „Polyversum Super 8“ nach Hamburg und zeigt im Lichtmess-Kino Kurzfilme unter anderem von Erika Stucky, Deborah Phillips, Dorit Kiesewetter und sich selbst. Und von der finnisch-englischen Künstlerin Martha Jurksaitis, die eine ganz eigene Lösung für das Entwickeln ihrer Filme gefunden hat: Sie legt sie zunächst in ein Kaffee-Bad und dann 20 Stunden lang in Meerwasser. (matt)

Do, 29. 3., 20 Uhr, Hamburg, Lichtmess-Kino