was tun in hamburg?
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Foto: Krafft Angerer

So, 18. 3., 12 Uhr, St.-Pauli-Theater

Unbescholtene Bürger

1961 hat Peter Gorski es im Schauspielhaus uraufgeführt, Siegfried Lenz’erstes szenisches Werk „Zeit der Schuldlosen“. Darin wird nach einem Attentat auf den Gouverneur eines diktatorischen Regimes der Attentäter verhaftet, verrät aber die Mitverschworenen nicht. Neun unbescholtene Bürger werden in seine Zelle gebracht, um mit allen Mitteln an die Namen der Komplizen zu kommen. Für das St.-Pauli-Theater hat Ulrich Waller aus dem Stück eine szenische Lesung entwickelt, die am Sonntagmittag zu sehen ist. Prominent besetzt: Auf der Bühne sitzen unter anderem Peter Franke, Stefan Gwildis, Jens Harzer, Burghart Klaußner und Jens Wawrczeck, ihre Stimme geliehen haben außerdem Axel Milberg und Ulrich Tukur.

Di, 20. 3., 20 Uhr, Polittbüro

Radikale entlassen

Knapp war die Mitteilung des Bremer Senats im Juli 1971: Weil er Mitglied der DKP war, wurde Horst Holzers Berufung zum Soziologieprofessor verhindert – noch vor der Verabschiedung des sogenannten Radikalenerlasses. Die Bremer Projektreihe „Aus den Akten auf die Bühne“, eine Kooperation der Schwankhalle und der Uni Bremen, die seit über zehn Jahren historische Dokumente für die Bühne einrichtet, hat zum Thema Berufsverbote im vergangenen Jahr die szenische Lesung „Staatsschutz, Treuepflicht, Berufsverbot. Ein vergessenes Kapitel der westdeutschen Geschichte“ erarbeitet. Am Dienstag ist sie im Polittbüro zu sehen.

So, 18. 3., 12 Uhr, Metropolis

Kunst als Hammer

Kunst, das war für Hans Weidt kein Spiegel, den man der Gesellschaft vorhält, sondern ein Hammer, um sie zu gestalten. 1904 in Hamburg-Barmbek geboren, verließ der Arbeitersohn mit 16 das Haus, um sich seiner Passion zu widmen: dem Tanz. 20 Jahre später beteiligte er sich am Hamburger Aufstand, wollte fortan die Themen der Arbeiterklasse tanzen, den Arbeiter darstellen, „wie er sein Leben schöner aufbaut“. So schreibt es Weidt in seinen Memoiren. „Tanz mit der roten Fahne“ hieß eines seiner ersten Stücke.

 1933 floh Weidt vor den Nazis nach Paris, aus Hans wurde Jean. Fünf Jahre später galt er mit seiner neuen Truppe Le Ballets 38 als „unangefochtene Nummer 1“ der französischen Tanzszene. Nach dem Krieg kehrte er nach Berlin zurück und wurde mit seiner Arbeit einer der zentralen Referenzpunkte für den Tanz in der DDR. Nach seinem Tod 1988 geriet Jean Weidt nahezu in Vergessenheit. Von seinen Arbeiten blieben nur ein paar Fotos und ein zehnminütiger Dokumentarfilm.

 Vor zwei Jahren hat die Hamburger Künstlerin und Kunstwissenschaftlerin Nele Lipp Weidts Choreografie „Die Zelle“ nach dessen Zeichnungen neu inszeniert. Am Sonntag ist die filmische Dokumentation der Aufführung im Metropolis erstmals zu sehen.

Sa, 17. 3., 20 Uhr, Thalia-Theater

Ganz schön kaputt

Vollrausch, Essstörungen, Angst vor einfachsten Alltagsroutinen und dem permanenten Nicht-perfekt-Sein: In „Panikherz“ schreibt Benjamin von Stuckrad-Barre – 18 Jahre, nachdem er, das kann man darin nun lesen, viel zu früh mit seinem Pop-Literatur-Prototypen „Soloalbum“ berühmt geworden war –, wie er vom Pfarrhaushalt in der deutschen Provinz in die große Welt der Popkultur kam: der Beginn erst großer Erfolge, dann gnadenloser Abstürze, schließlich Drogensucht, Depression und veritables Kaputtsein. Am Thalia-Theater hat sich der Regisseur und Spezialist in Sachen Selbstbespiegelung, Christopher Rüping, des „Panikherzens“ angenommen und bringt das Buch als Kreislauf aus sich suchen und wieder verlieren auf die Bühne. (matt)