Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
:

Das Jahr 1968 muss, ein halbes Jahrhundert später, auch musikalisch ausführlich gewürdigt werden. Einen sehr stimmigen frühen Beitrag liefert dazu die Akademie der Künste mit dem Ausstellungs-, Musik- und Diskursprogramm „Underground & Improvisation: Alternative Music & Art After 1968“. Denn nicht allein gab es seit 1968 einige Entwicklungen in improvisierter Musik und Underground-Bewegungen zu verzeichnen, auch die Akademie der Künste selbst spielte dabei eine nicht unwichtige Rolle. So gab es am Hanseatenweg den Free Music Workshop und das Total Music Meeting, das als Gegenfestival zum Jazzfest Berlin entstand. Man schaut aber nicht lediglich zurück, sondern fragt auch, wie sich die Avantgarde von einst zur heutigen Musik verhält. Auch immer wieder im Spannungsfeld von Ost und West. Passend dazu trifft heute die Neue Moskauer Improvisationsszene in der Akademie auf Mitglieder des Berliner Splitter Orchesters wie die Trompeterin Liz Allbee, Synthesizerspieler Boris Bal­tschun und den Perkussionisten Burkhard Beins, um ihre Echtzeitmusikansätze zu synchronisieren (Hanseatenweg 10, 22 Uhr, 9/6 €).

In direkter Tradition zu 1968 und den Folgen steht ebenfalls die Musik des afroamerikanischen Komponisten Julius Eastman, mit dem am Freitag das Festival MaerzMusik eröffnet. Dabei steht die Kammermusik des 1990 im Alter von 49 gestorbenen Minimal-Musik-Vertreters, dessen Werk jahrelang als verschollen galt, im Mittelpunkt des Konzerts, darunter wiederentdeckte Werke wie „Femenine“. Eine Ausstellung und ein Symposium sollen Eastman zudem aus politischer und spiritueller Sicht erkunden (Schaperstr. 24, 20 Uhr, 25/20 €).

Tags darauf gibt es Gelegenheit, zum nahenden 333. Geburtstag von Eastmans Kollege Johann Sebastian Bach am Samstag dessen österliche „Matthäus-Passion“ in der Gethsemanekirche mit der Berliner Kantorei zu erleben. Auch das ein Zugang zu einem spirituellen Menschen, in dem Fall Bach, und nicht der schlechteste (Stargarder Str. 77, 20 Uhr, 12, 20–28,70 €).

Parallel dazu kann man alternativ im Sowieso ein noch recht junges Trio erleben: Der australische Elektroakustiker John Chantler und die beiden Londoner Improvisationsmusiker Seymour Wright am Saxofon und der Schlagzeuger Steve Noble geben sich am Samstag die Ehre, um den Interferenzen ihrer kombinierten Klangerkundungen nachzuforschen. Damit wäre man im Grunde wieder bei 1968, der Improvisation und den Folgen. Die eben bis heute andauern. Ob man es nun feierlich begeht oder nicht (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).