Sound mit dem Gefühl von Zeitlosigkeit

Isolation Berlin veröffentlichen mit „Vergifte Dich“ ihr drittes Album und ziehen ihr Protopop-Ding dabei einfach weiter durch

Von Andreas Hartmann

Sie sind erst vor drei Jahren auf dem Radar aufgetaucht, mit der Veröffentlichung ihrer ersten Single, doch es kommt einem so vor, als würden Isolation Berlin schon viel länger ihre Songs über einsame U-Bahn-Fahrten in Berlin und allgemeinen Lebensschmerz anstimmen. Was auch an der Produktivität der Band liegt. Die Compilation mit ihren Singles mit eingerechnet, liegt mit „Vergifte Dich“ nun schon das dritte Album vor und Sänger Tobias Bamborschke hat nebenbei sogar noch einen Gedichtband herausgebracht.

Es ist aber auch der Sound der Band, der einem das Gefühl von Zeitlosigkeit gibt. Gitarre-Schlagzeug-Bass-Rock ist das, was Isolation Berlin machen, klassische Popmusikkunst mit postpunkigem Anstrich ohne irgendwelche Novelty-Spielereien, die jedes Zugeständnis an irgendwelche aktuellen Trends strikt vermeidet.

Protopop nennt die Band selbst ihren Stil, und diesem bleibt sie auch bei ihrer neuen Platte treu, die im Großen und Ganzen nahtlos an das anknüpft, was es bislang von Isolation Berlin zu hören gab. Da ist natürlich wieder dieser schnodderige, unheimlich dringliche Gesang von Sänger Bamborschke, der ihm nicht umsonst all diese Vergleiche mit Rio Reiser eingebracht hat. Und da sind erneut diese postadoleszenten Berlin-Noir-Texte, die von Abstürzen in der Großstadt und vom Verschwenden der eigenen Jugend handeln. „Wenn ich eines hasse, dann ist das mein Leben“, lautet gleich der dritte Titel auf dem neuen Album und damit wäre eigentlich auch schon alles über die Textarbeit von Bamborschke gesagt.

Isolation Berlin ziehen einfach weiter ihr Ding durch, kreisen um sich selbst, ziehen eine Mauer hoch. Als Teil einer irgendwie gearteten Indierock-Szene in Berlin wollen sie sich dezidiert nicht sehen, sagten sie einmal, das mit der Isolation meinen sie wörtlich und dies gilt immer noch. Auch wenn sie nun gar nicht mehr die unbekannte Band aus der Nische, sondern die gefeierten Könige der Berliner Hinterhöfe sind und ihr neues Album bereits ein bequemes Plätzchen in den deutschen Charts gefunden hat.

Verstörend luftig

Dabei können schon auch mal, wie im Titelsong „Vergifte Dich“, die Sonic-Youth-Gitarren aufheulen oder wie in „Vergeben heißt nicht vergessen“ zur Akustischen eine traurige Liebesballade angestimmt werden. Doch am besten ist die Band immer noch, wenn sie einfach ihre protopoptypischen Depressions-Hits raushaut wie etwa „Antimaterie“, wo man den Refrain bereits beim ersten Mal hören mitsingen kann und alles so verstörend luftig und frei klingt, obwohl man genau spürt, dass da bei Bamborschke schon wieder der nächste Depressionsschub anzurollen scheint.

Nur zu erfolgreich dürften Isolation Berlin nun nicht werden. Das würde alles durcheinanderbringen. Sie dürfen nicht aufhören, mit ihrer schieren Existenz zu hadern. Sonst würde es ihnen im schlechtesten Fall irgendwann so ergehen wie all diesen Gangsta-Rappern, die auch als erfolgreiche Multimillionäre immer noch verzweifelt ihren Überlebenskampf im Ghetto thematisieren, obwohl sie längst in einer Villa in Beverly Hills wohnen.

Isolation Berlin: „Vergifte Dich“ (Staatsakt)