Die Spur der Steine

Im Hamburger B-Movie läuft im März eine Reihe mit Filmen über Architektur und die Menschen, die in den Gebäuden leben

Von Wilfried Hippen

Das Kino mag Bewegung und deshalb ist Architektur kein Thema, das sich auf den ersten Blick für den Film eignet. Doch es gab immer wieder Filmemacher, in deren Werken sie eine große Rolle spielte: Michelangelo Antonioni und Wim Wenders zum Beispiel. Und die Architektur hat immer auch einen elementaren politischen Aspekt und dies ist einer der Gründe, warum im St.-Pauli-Kiezkino B-Movie in diesem Monat Filme über Baumeister und ihre Gebäude gezeigt werden. Das Programm „präsentiert ungewöhnliche Lebensentwürfe, skurrile Pläne, schräge Modelle und prominente Bauten und schärft so unseren Blick für öffentliche und private Räume“, so der Programmtext.

Unter dem etwas sperrigen Titel „Zukunft | Visionen | Entwürfe | Gegenwart“ werden elf verschiedene Programme gezeigt, darunter auch ein Special mit vier Filmen von Heinz Emigholz, dem in Bremen geborenen Filmemacher, der dafür bekannt ist, dass er lieber Gebäude als Menschen zeigt.

Ein Klassiker zum Thema ist der Spielfilm „Die Architekten“ von Peter Kahane, der 1990 als einer der letzten Defa-Filme in der DDR produziert wurde und davon erzählt, wie die Visionen eines jungen talentierten Architekten von den Realitäten des sozialistischen Alltags untergepflügt werden. Gezeigt werden Porträts von Architekten wie die dänische Dokumentation „Big Time“ über Bjarke Ingels, der einen der Wolkenkratzer im neuen World Trade Center in New York entworfen hat und „Die Böhms“ über eine berühmte Architektendynastie.

In einem Doppelprogramm werden kürzere Dokumentationen über einzelne Häuser präsentiert: In „Beyond Metabolism“ geht es um das 1966 gebaute Kongresszentrum von Kyoto, in „La Cupola“ um das gleichnamige Betonhaus ohne tragende Wände, in dem Antonioni mit der Schauspielerin Monica Vitti gewohnt hat. In „Haus Tugendtat“ von Dieter Reifarth wird ein Haus von Mies van der Rohe und seine bewegte Geschichte vorgestellt und „Sacro Gra – Das andere Rom“ erzählt von Menschen, die an einem riesigen Autobahnring der italienischen Hauptstadt leben.

Der älteste Film im Programm ist „Die gemordete Stadt“ aus dem Jahr 1965, in dem Manfred Durniok das Verschwinden des alten Berlins während des Baubooms in den 50er- und 60er-Jahren beklagt. Über Architektur lacht man selten, aber genau dieses Kunststück ist dem Schweizer Künstler Thomas Haem­merli mit seinem Essayfilm „Die Gentrifizierung bin ich: Beichte eines Finsterlings“ gelungen. Darin macht er deutlich, wie widersprüchlich seine kritische Haltung zur modernen Stadtentwicklung ist, wenn er selbst immer sehr privilegiert gewohnt hat: in einem Züricher Villenviertel, einer Pariser Dachwohnung, Lofts und Luxusappartements.