Pegida hanseatisch

In Hamburg wächst der Protest gegen Merkel - und auch der Gegenprotest. Journalistin angegriffen

Von Andreas Speit

Die eigenen Auflagen waren schnell vergessen. „Merkel muss weg“, skandierten am Montagabend auf dem Gänsemarkt in Hamburg rund 230 Anti-Kanzlerin-Demonstranten. Und: „Einheit, Freiheit, Tradition – Multikulti ist am Ende“. Die Anmelderin der „Montagsdemo“ hatte bei Facebook erklärt, das „ist ein schweigender Protest“ und gebeten: „Lautes Skandieren, Thrillerpfeife etc.: Nein“.

Auf der dritten Demo dieser Art wollten die Männer und Frauen aber nicht mehr schweigen. Gut drei Jahre nach Beginn von Pegida in Dresden, wollen sie nun einen Pegida-Ableger in der Hansestadt etablieren. Nicht nur Merkel wurde kritisiert. „SPD – Scharia Partei Deutschland“ stand auf einen Schild. Zwei größere Transparente „Kein Zutritt für Terror“ hielten Anti-Merkel-Fans in Richtung der Gegendemonstranten. Von denen hatten sich etwa 800 rund um den Gänsemarkt versammelt. Mit Polizeibeamten und -gittern war der Platz abgeriegelt. Zwei Wasserwerfer und ein Räumpanzer standen bereit, kamen aber nicht zum Einsatz.

Die Kundgebung hatte die Inhaberin einer Modelagentur angemeldet. Sie sprang ein, nachdem die erste Organisatorin, Uta Ogilvie, sich wegen eines Farbanschlages auf ihr Haus zurückzog. Die neue Anmelderin erschien aber auch nicht vor Ort. Eine andere Frau übernahm, eng unterstützt von Männern aus der Türsteher-Szene. Schon am Montag zuvor war Türsteher Thomas G. vor Ort. Zusammen mit seinem Bruder war er 2002 Personenschützer des Ex-Innensenators Ronald Schill. Über ihre rechte Vergangenheit wollte sich sein Bruder damals gegenüber der taz nicht äußern.

Jüngere Anti-Merkeler fehlten bei der Demo. Eine Ausnahme war Svenja, 30 Jahre, die gerade ihr Psychologie-Studium beendet hat. „Ich bin keine Rechte“, sagte sie, aber „diese Flüchtlingspolitik“ würde nicht gehen. Und sie versicherte nach etwas zögern „die AfD wähle ich nicht“, denn sie würde Harz IV kürzen. Die AfD war jedoch Thema. „Die AfD soll hier nicht offen mitmachen“ wusste ein Mann, „das soll hier nach Bürgerprotest aussehen“.

Kurz vor Ende der Kundgebung gingen erst drei, später noch weitere Männer, auf eine Journalistin los. „Mir wurde ins Gesicht geschlagen“, sagt sie. FotografInnen an ihrer Seite wurden bedrängt. Ein Merkel-Gegner filmte den Übergriff, andere sahen ihn, griffen aber nicht ein. Nur eines versprachen sie zum Schluss im Sprechchor: „Wir kommen wieder.“