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Die Jamaika-Connection

Scharfe Polizeikontrollen in Jamaikas touristischem Zentrum Montego Bay

David ist sauer. Auf dem Sam Sharpe Square im Zentrum Montego Bay schimpft er. Zwei- bis dreimal werde er manchmal am Tag angehalten und kontrolliert. In der jamaikanischen Hafenstadt, einem der Touristenzentren der Insel, herrscht seit Mitte Januar der Ausnahmezustand, der jetzt noch einmal bis Mai verlängert wurde. Mit diesem drastischen Mittel will die jamaikanische konservative Regierung die ausufernde Bandenkriminalität an der touristische Nordküste eindämmen.

„Rasta-Haare, und schon bis du verdächtig“, beklagt sich der 24-jährige David, der kurze Rastalocken trägt. An den Ausfallstraßen der St. James Parish bilden sich wie fast jeden Tag lange Autoschlangen. Schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten mit Helm und Schusssicheren Westen halten jedes Fahrzeug an, das von Montego Bay kommt und in die Stadt hineinwill.ID, drivers licence.“ Wer sich nicht ausweisen kann, für den endet an dieser Kontrollstelle die Weiterfahrt. Klagen gibt es keine. „Endlich wird was getan“, sagt die 53-jährige Clover – „Call me Glover, my dear“. Touristen werden durchgewunken.

Mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes für die Parish St. James hat die jamaikanische Regierung die polizeiliche Notbremse gezogen. Im vergangenen Jahr hat es im gesamten Land, in dem gerade mal 2,9 Millionen ­Menschen leben, 1.616 Morde gegeben, fast 20 Prozent mehr als im Jahr davor. In Deutschland waren es bei einer Bewohnerzahl von knapp 82,7 Millionen insgesamt 373 Morddelikte.

„Die grassierende Kriminalität, die Mord­rate, Erpressung, die allgemeine Gesetzlosigkeit erfordert starke Polizei-Militärpräsenz“, erklärte der Verbindungsoffizier zur Zivilgesellschaft der jamaikanischen Steitkräfte, Major Basil Jarrett, der Tageszeitung The Gleaner. 60–70 Prozent der Straftaten, die in Jamaika registriert werden, seien auf Bandenkriminalität zurückzuführen. Rivalisierende Gangs kämpfen um Einflusszonen und Reviere für ihre Waffenverkäufe, Drogenumsätze und um Prostitution. „Der Tourist ist kein Ziel der rivalisierenden Gangs“, versichert der Securityberater, mit der Bitte, seine Identität nicht zu enttarnen.

Die Ausrufung des Ausnahmezustandes für die Region rund um Montego Bay in vieler Hinsicht symbolisch. Ein markiges Zeichen an die in der Region oft auch im illegalen Wett- und Spielgeschäft tätigen Banden, aber auch an die Touristen in einem der wichtigsten Touristenzentren des Landes.

„Wir tun alles für eure Sicherheit.“ Schließlich ist der Tourismus eine der Haupteinnahmequellen Jamaikas und die Branche boomt seit Jahren wieder, vor allem auch in Montego Bay, wo zahlreiche Alles-inklusive-Hotel wie geschlossene Wohnbezirke für Touristen ­wirken.

Gefahr für die Touristen bestehe nicht, sagte auch Tourismusminister Edmund Bartlett. „Jamaika handelte präventiv mit der Erklärung des Ausnahmezustand. Genug ist genug.“

Hans-Ulrich Dillmann

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