Keine Mehrheit für niemanden

Bei den italienischen Parlamentswahlen treten drei Blöcke gegeneinander an. Das Ergebnis könnte in erneute Wahlen münden

Aus Rom Michael Braun

Etwa 51 Millionen Italiener sind am Sonntag dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Alle Bürger über 18 Jahren können fürs 630-köpfige Abgeordnetenhaus stimmen, für den 315 Sitze zählenden Senat dagegen müssen die Wähler mindestens 25 Jahre alt sein.

Abgestimmt wird diesmal mit einem neuen Wahlrecht, einem Mix aus Proporz- und Mehrheitswahlsystem. Gut zwei Drittel der Sitze geht nach Proporz an die Parteilisten, die die 3-Prozent-Hürde überschreiten, knapp ein Drittel wird in Personenwahlkreisen vergeben.

Drei größere Lager treten gegeneinander an. Da wäre zunächst die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) unter Matteo Renzi, die in den letzten fünf Jahren in Rom den Regierungschef stellte, zuletzt mit Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Die PD ist mit drei kleinen Listen der linken Mitte ein Bündnis eingegangen. Nach den letzten Umfragen kann die PD nur 22 bis 24 Prozent, ihr Bündnis magere 27 Prozent erwarten.

Weitaus solider ist dagegen das Rechtsbündnis, das Silvio Berlusconi geschmiedet hat. Er selbst ist mit seiner Forza Italia (FI) dabei, der 16 bis 18 Prozent zugetraut werden, hinzu kommen die mittlerweile auf Le-Pen-Kurs segelnde fremden- und Euro-feindliche Lega Nord, der 12 bis 14 Prozent prognostiziert werden, die auf 5 Prozent taxierte stramm rechte Partei Fratelli d’Italia (FdI) und eine kleine gemäßigte Mitte-rechts-Liste. Dem gesamten Block könnten 36 bis 38 Prozent zufallen, vor allem aber hat er in den Personenwahlkreisen beste Chancen, im Norden so gut wie alle und im Süden die Mehrheit der Sitze zu erobern.

Stärkste Einzelpartei dürfte aber das Movimento5Stelle (M5S) werden, das auf 27 bis 29 Prozent hoffen darf. Neben diesen drei großen Blöcken tritt auch die Linkspartei Liberi e Uguali an, der höchstens 7 Prozent zugetraut werden.

Der wahrscheinlichste Wahlausgang ist ein Patt im Parlament, in dem dann keines der drei Lager über eine eigene Mehrheit verfügt. Hoffnungen auf eine Mehrheit kann sich allenfalls die Rechte machen.

Sollte es dazu nicht kommen, sind andere Szenarien denkbar, etwa Bündnisse zwischen der PD, Berlusconis FI und diversen, mit den beiden Großen verbündeten Kleinparteien der Mitte – wenn sie denn ins Parlament kommen. Doch auch für diese Lösung könnte es im Parlament womöglich nicht für eine Mehrheit reichen. Berlusconis Partner von der Lega Nord und der FdI schließen sie jedenfalls kategorisch aus.

Vielleicht einigen sich die Parteien dann auf eine Übergangsregierung, mit dem einzigen Auftrag, ein neues Wahlrecht zu verabschieden und dann an die Urnen zurückzukehren. Sollte es auch dazu nicht kommen, wären sehr schnelle Neuwahlen unvermeidlich.