Polieren am Image

Man kann sich leicht in Einzelheiten verlieren, über die schöne Holzvertäfelung streichen und sich über einen Hinweis auf eine „Lounge Airberlin“ amüsieren: ein Besuch in einem tatsächlich fertiggestellten Bereich des BER

Darf noch zweieinhalb Jahre für nichts putzen: Reinigungskraft am BER Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Von Stefan Alberti

„Dieses Mal haben wir uns vorgenommen, den Termin tatsächlich einzuhalten.“ Manchmal muss man einfach hoffen. Hoffen darauf, dass das stimmt, was einem ein BER-Chef sagt wie an diesem Mittwochvormittag Engelbert Lütke Daldrup. Vier dieser Chefs gab es in den vergangenen sechs Jahren und alle verkündeten voller Überzeugung neue Eröffnungstermine.

Den jüngsten dieser angestrebten Termine hat Lütke Daldrup im Dezember genannt, als bislang letzter dieser Chefs, die genau genommen nicht nur BER-Bosse sind, sondern Vorsitzende der Flughafengesellschaft, die wiederum Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört. Im Oktober 2020 soll es also so weit sein. „Wir müssen die Nerven noch zweieinhalb Jahre strapazieren, damit wir am Ende sicher durchs Ziel gehen“, sagt Lütke Daldrup, seit einem Jahr im Amt, an diesem sonnigen Morgen.

Seine Pressestelle hat zu einem Rundgang geladen, und es sind mehr Journalisten denn je gekommen. Was daran liegen mag, dass in diesen Tagen bekannt geworden ist, wie viel Geld der BER bis zum Funktionieren braucht.

770 Millionen Euro sind angeblich noch zusätzlich zu den bereits veranschlagten rund 6,5 Milliarden nötig, damit der BER mit einem zweiten, weit einfacher geplanten Terminal fähig ist, die prognostizierten Passagierzahlen zu bewältigen. Von uns kommt kein Geld mehr, haben Brandenburg und der Bund bereits klargemacht. Berlin fährt eine weichere Linie und schließt weitere Zahlungen nicht komplett aus.

Da kommt es ganz gut, noch mal zu demonstrieren, wie schön er doch ist, dieser Flughafen mit seinen teuren Steinböden und der edel wirkenden Holzverkleidung. Und darauf hinzuweisen, dass jetzt der Pier Süd benannte Abschnitt abgenommen und nicht mehr im Bau, sondern – zumindest formal – in Betrieb ist.

Das merkt man aber nur daran, dass die journalistischen Besucher hier keinen Schutzhelm tragen müssen, anders als im Hauptgebäude. Hier sieht es allerdings auch nicht nach Baustelle aus, außer dass Deckenklappen noch für letzte Arbeiten und Überprüfungen offen sind. Die in den vergangenen Jahren immer wieder thematisierten Sprinkler, Brandmelder und Türen, sie funktionieren angeblich inzwischen fast alle. Nur von Restarbeiten ist die Rede.

Wieso also trotzdem noch zweieinhalb Jahre bis zur Eröffnung? Lütke Daldrup spult den Ablauf runter: Fortsetzung der im Frühjahr 2017 begonnenen Überprüfung aller einzelnen Anlagen durch Sachverständige, bis ins Jahr 2019 hinein. Dann eine Art Gesamtprüfung, die das Zusammenspiel testen soll. 2020 dann Einarbeiten der jetzt in Tegel tätigen Mitarbeiter und schließlich Probebetrieb mit Komparsen.

770 Millionen Euro sind noch zusätzlich zu den schon verbauten 6,5 Milliarden nötig

Das gerade fertiggestellte Pier Süd ist laut Lütke Daldrup von besonderer Bedeutung. Die hier gemachten Erfahrungen sollen die Basis für die Berechnung des Eröffnungstermins im Oktober 2020 geliefert haben. Einen VIP-Bereich gibt es dort auch, mit weichem Teppich, Laufbänder, einer „Cigar Lounge“.

Und so kann man sich leicht in Einzelheiten verlieren, über die schöne Holzvertäfelung streichen, sich über einen Hinweis auf eine „Lounge Airberlin“ amüsieren – und darüber fast vergessen, dass da noch dieses dicke Geldproblem ist. 770 Millionen Euro fehlen. Nicht für die Eröffnung, versichert Lütke Daldrup, „die Finanzierung bis 2020 ist sichergestellt“. Die Lücke bestehe zwischen 2021 und 2024, solange der BER keinen Gewinn macht. 400 Millionen will der Chef bei Banken lockermachen. Und der Rest?

Lütke Daldrups Idee: das Terminal 2 von einem Privat­unternehmen bauen lassen und dann mieten – was ein übliches Modell und keine Privatisierung sei. Nach seiner Rechnung wären dadurch weitere 220 bis 270 Millionen Euro gedeckt. Erst auf Nachfragen fügt er hinzu, dass diese Sichtweise die kurzfristige ist – langfristig sei diese Mietkaufvariante 100 Millionen Euro teurer, als wenn das Geld aus Steuermitteln kommen würde. In Lütke Daldrups Worten hört sich das so an: „Jede Fremdfinanzierung hat einen barwertigen Nachteil.“

Muss man wohl so komplex ausdrücken in so einem komplizierten Bau. Dabei kann der Flughafenchef ja auch einfacher – sein zentraler Satz ist beim Rausgehen noch im Ohr: „Dieses Mal haben wir uns vorgenommen, den Termin tatsächlich einzuhalten.“