Geheime Rhythmen

Bernd Friedmanns Entwicklung in 17 Stücken? Das kann bei dem in Berlin lebenden Produzenten nie und nimmer genügen. Hat er doch allein schon fast so viele verschiedene Projekte in seiner Laufbahn im Alleingang oder mit Kollegen betrieben, am bekanntesten sein Alias Burnt Friedman. Die Compilation „Anthology 1980–2017“ soll denn auch weniger einen umfassenden Überblick über sein Schaffen liefern als sich dem Phänomen Burnt Friedman von den Rändern her nähern mit Stücken aus 37 Jahren, die nur auf Schallplatte vulgo Vinyl erschienen oder überhaupt noch nicht veröffentlicht waren.

Friedmann, der 1978, also mit 13 Jahren, anfing Musik aufzunehmen, hatte von Anfang an einen besonderen Zugang zu Rhythmen. Gerades Durchzählen von eins bis vier war nie so seine Sache. Stattdessen hat er sich auf zunehmend komplexe „geheime Rhythmen“ fernab westlicher Taktordnung spezialisiert.

Dabei entstand eine ortlose ethnische Musik zwischen afrikanisch anmutendem Tribalismus, westlich geprägter Elektronik in gemächlichem Tempo und Dub-Reggae-Anleihen. Diesen Werdegang kann man auch hier nachvollziehen, fernab seiner kanonischen Alben als Nonplace Urban Field, Flanger (mit Uwe Schmidt alias AtomTM) oder seiner „Secret Rhythms“-Serie mit dem im vergangenen Jahr verstorbenen Schlagzeuggott Jaki Liebzeit.

Am erstaunlichsten sind auf dieser Anthologie seine drei bisher unveröffentlichten Stücke aus den 80er Jahren geraten. Sehr deutlich kann man schon den späteren Burnt Friedman erahnen. Weit entfernt, jugendliches Dilettieren am Synthesizer oder dem E-Bass abzubilden, zeigen diese frühen Nummern, wie sich Friedmann seine eigene Rhythmussyntax erarbeitet hat. Zugleich kann man Verbindungslinien quer durch die Jahrzehnte herstellen.

Am stärksten vertreten ist zwar die aktuelle Dekade mit immerhin acht Nummern, doch beim Hören ist man umso überraschter, wie schwer sich die einzelnen Tracks den verschiedenen Phasen des Friedmann’schen Schaffens zuordnen lassen. Man hat es mit einer durch und durch idiosynkratischen Musik zu tun. Von dem Kaliber gibt es nicht viele Musiker. Weder hierzulande noch auf der übrigen Welt.

Tim Caspar Boehme

Burnt Friedman: „Anthology 1980–2017“ (Nonplace/Groove Attack)