„Ein Akt des Vandalismus“

Ukrainische Sicherheitskräfte sind in die Redaktionsräume der Zeitung „Vesti“ eingedrungen

Als sich Redakteure und Angestellte von Radio Vesti, der Tageszeitung Vesti und dem gleichnamigen Internetportal am Donnerstagmorgen auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle im 32. Stock des Kiewer Business- und Einkaufszentrums Gulliver machten, sahen sie sich vermummten Polizisten gegenüber, die sie am Betreten ihres Arbeitsplatzes hinderten.

Um sechs Uhr morgens waren mehrere Dutzend Angehörige der ukrainischen Militärstaatsanwaltschaft und der „Agentur zur Aufdeckung von durch Korruption und anderen Verbrechen erworbenen Aktiva“ (ARMA) in die Räume des Medien-Holdings Vesti eingedrungen. Dabei, so Vesti auf ihrer Internetseite, sei kein Hausdurchsuchungsbefehl vorgelegt worden. Chefredakteurin Oxana Omeltschenko berichtet auf ihrer Facebook-Seite von Drohungen der Militärstaatsanwaltschaft während dieser Aktion. „Wenn du noch ein Wort sagst, kann ich für mein weiteres Verhalten nicht mehr garantieren“, habe ein Ermittler zu ihr gesagt. Laut Omeltschenko haben die Sicherheitskräfte einen Teil des Inventars mitgenommen und dafür fremde Gegenstände mitgebracht. Offensichtlich plane man, den Journalisten Verbrechen anzuhängen, schrieb sie.

Bald machten Fotos von zersplitterten Scheiben, achtlos auf den Boden geworfenen Zigarettenkippen und aus den Steckern gerissene Kabel die Runde. Am frühen Nachmittag hatten die Sicherheitskräfte die Büroräume verlassen. Den Redakteure wurde jedoch weiterhin der Zutritt verwehrt.

„Grobe Gewalt ist ein Argument von Schwachen und denen, die im Unrecht sind“, sagt Sergiy Tomilenko, Chef des ukrainischen Journalistenverbandes. „Hier wird die Arbeit von Journalisten behindert. Das ist ein Akt der Barbarei der Machthaber und der Uniformierten.“ Für Jurij Mostowenko, Jurist der Vesti-Holding, ist das Vorgehen der Sicherheitskräfte ein „Akt des Vandalismus“. Die Holding habe einen Mietvertrag zu den Räumen im Gulliver, diese dürften nur auf der Grundlage eines Gerichtsbeschlusses betreten werden.

Die in russischer Sprache erscheinende Tageszeitung Vesti stand immer wieder im Zentrum der Kritik von Nationalisten, Behörden und Parlamentariern. Vesti wurde beschuldigt, prorussische Positionen zu vertreten und so dem Kreml in die Hand zu spielen. Der Umstand, dass Vesti mit einer Auflage von 350.000 Exemplaren weitgehend kostenlos verteilt wird, führte auch zu Mutmaßungen, der Medien-Konzern könnte von Russland aus finanziert sein. Bernhard Clasen, Kiew