Die stillen Nachbarn

An diesem Wochenende feiern Viet­na­mesIn­nen Neujahrsfest. In Berlin lebt die bundesweit größte vietnamesischstämmige Community. Eine eher unauffällige Minderheit. Seit ein nach Deutschland geflüchteter vietnamesischer Politiker aus Berlin nach Hanoi entführt wurde, gerät sie stärker in den Blick

Feiertagseinkäufe vor dem Tet-Fest im Dong-Xuan-Center in Lichtenberg Foto: Julia Baier

Von Marina Mai

Das vietnamesische Leben in Berlin findet an diesem Wochenende in den Familien statt. Es ist Tet-Fest, das vietnamesische Neujahrsfest nach dem chinesischen Mondkalender. Gefeiert wird seit Donnerstag und noch bis Montag. Das Fest ist ungefähr so wichtig, als würden in Deutschland Weihnachten, Silvester und die Geburtstage aller Familienmitglieder auf einen Tag fallen. Begangen wird es von Buddhisten, Christen und Menschen, die sich zu keiner Weltreligion bekennen.

Auf dem Tisch liegen der traditionelle Klebreiskuchen und andere Leckereien. Auf dem Hausaltar brennen Räucherstäbchen. Mit dem Weihrauch will man den Seelen der Verstorbenen einen Gruß ins Jenseits senden und sie an diesem Wochenende als Gast zu sich nach Hause einladen. Viele Asia-Restaurants, Gemüse- und Blumenläden in der Stadt haben geschlossen, weil die Inhaber mit ihren Familien feiern.

Mehr als 26.000 Menschen mit vietnamesischen Wurzeln leben in Berlin, davon haben knapp 10.000 einen deutschen Pass. Damit hat Berlin die mit riesigem Abstand größte vietnamesische Gemeinde bundesweit. Die Zahl steigt, auch weil sich junge Deutschvietnamesen, die in ostdeutschen Bundesländern aufgewachsen sind, von Berlin magisch angezogen fühlen. Dabei ist es weniger das Dong-Xuan-Center in Lichtenberg, der zweitgrößte Asiamarkt Europas, in dem sich die erste Generation zum Handel und zum sozialen Beisammensein trifft, der sie nach Berlin zieht. Sie kommen der Universitäten wegen in die Hauptstadt, schätzen das multikulturelle studentische Leben und dass es in Berlin „normal“ ist, nicht mittel­europäisch auszusehen.

Hier sei sie das erste Mal in ihrem Leben von Deutschen nach dem Weg gefragt worden, erzählt etwa eine Studentin, die aus Weimar stammt und jetzt in Berlin studiert: „Wow, habe ich gedacht, hier bin ich keine Fremde. Hier bin ich die Nachbarin. Ich gehöre dazu.“

Auch Chi Nam Du ist zum Studieren in die Hauptstadt gekommen. Der 25-Jährige, der in Brandenburg das Abitur als Jahrgangsbester bestanden hat, studiert Sozialwissenschaften. Schon mit 16 Jahren bekam der Sohn ehemaliger DDR-Vertragsarbeiter ein Stipendium des Deutschen Bundestages für ein Schuljahr in den USA und dazu einen Paten an die Seite gestellt. Dieser, der frühere Brandenburger SPD-Bundestagsabgeordnete Steffen Reiche, weckte auch sein politisches Interesse. „Ich habe Herrn Reiche im Bundestag besucht und erhielt Einblick in die Arbeit des Parlamentes“, erzählt Chi Nam Du. Bei den Bundestagswahlen habe er die Grünen gewählt: „Meine Eltern und viele meiner vietnamesischen Freunde interessieren sich nicht für Politik. Aber für mich ist es Pflicht, wählen zu gehen.“

Wie er die Politik in Vietnam sieht? Der Student zuckt mit den Schultern. Seine Eltern hätten den ganzen Tag das vietnamesische Staatsfernsehen geschaut. Doch da hätte er innerlich immer abgeschaltet. Damals wie heute ginge er an den meisten Abenden ins Bett, ohne tagsüber auch nur einen Moment lang an Vietnam gedacht zu haben.

Das sieht sein ein Jahr jüngerer Kommilitone Duc Huynh (Name geändert) anders. Auch seine Eltern waren DDR-Vertragsarbeiter. Er wuchs in Sachsen auf und studiert nun ebenfalls in Berlin. „Meine Eltern sind bewusst nach der Wende in Deutschland geblieben. Sie halten nichts von dem politischen System in Vietnam. Ich auch nicht.“ Das ist der Grund, warum der Student nicht mit richtigem Namen in der Zeitung stehen will. „Ich will meinen Verwandten dort nicht schaden und auch selbst ohne Angst in Vietnam Urlaub machen können.“

Die vietnamesische Community in Berlin wächst

Als im vergangenen Sommer der Ex-Politiker Trinh Xuan Thanh aus Berlin nach Hanoi entführt wurde, war Duc Huynh gerade bei seinen Eltern. „Die wussten von der Entführung früher als die deutschen Medien. Ein Blogger hatte die Information gestreut.“ Trinh Xuan Thanh, einst ranghoher Politiker und Wirtschaftsboss in Vietnam, hatte in Deutschland Asyl beantragt, weil er sich als Opfer eines politischen Machtkampfes sah. Ende Juli entführte ihn nach Überzeugung deutscher Ermittler der vietnamesische Geheimdienst nach Hanoi. Dort wurde er Anfang dieses Jahres wegen Korruption und Misswirtschaft zweimal zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Duc Huynh wertet die Entführung als „diktatorische Methode, innerparteiliche politische Gegner auszuschalten“. Er kann die verschiedenen Flügel innerhalb der Kommunistischen Parteien mit ihren Protagonisten benennen. Aber vielen Vietnamesen gegenüber würde er sich mit diesem Wissen und seiner Meinung zurückhalten. Nicht nur in Vietnam schaut der vietnamesische Geheimdienst auf Gegner. Auch in Berlin ist er aktiv. Es gab Fälle, wo Deutschvietnamesen, die sich hier exilpolitisch engagieren, am Flughafen in Vietnam die Einreise verweigert wurde.

Und aktuell mehren sich Berichte darüber, dass die Geheimpolizei deren Verwandte in Vietnam aufsucht und unangenehme Fragen stellt.

Chi Nam Du bestand das Abitur in Brandenburg als Jahrgangsbester und studiert nun Sozialwissenschaften in Berlin Foto: Dagmar Morath

Unter den außereuropäischen Zuwanderern in Berlin stehen Vietnamesen zahlenmäßig nach Syrern und US-Amerikanern auf dem dritten Platz. Es ist eine eher stille Community.

„Ich freue mich, dass wir Vietnamesen in Deutschland durch das leckere Essen in asiatischen Restaurants sichtbar sind“, sagt Phuong Kollath, die 1981 als Vertragsarbeiterin nach Rostock kam und nach 30 Jahren an der Ostsee 2011 nach Berlin zog. „Sonst sind wir leider wenig sichtbar. Viele Leute verstecken sich. Es gibt kaum politische Partizipation von Vietnamesen.“

Die 54-Jährige, die als einzige Zuwanderin mit asiatischen Wurzeln an mehreren Integra­tions­gipfeln mit der Bundeskanzlerin teilnahm, hat daraus ihre persönliche Schlussfolgerung gezogen: Sie selbst muss ihre „Stimme erheben und Gesicht zeigen als Vietnamesin aus Ostdeutschland.“ Das tut sie etwa auf der Bühne des Gorki-Theaters. Dort spielt Phuong Kollath sich selbst, eine Frau, die als Küchenhilfe in die DDR geholt wurde, dort nur als Arbeitskraft gefragt war und mittlerweile Soziale Arbeit studiert hat.

Das tut sie aber auch jedes Jahr, wenn sich die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen jähren, wo im August 1992 ein Heim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter erst tagelang von einem rechtsextremen Mob belagert und schließlich in Brand gesteckt wurde.

„Keine Erfolgsgeschichte“

Phuong Kollath gibt den Opfern von damals eine Stimme. „Mich ärgert, dass die Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter in den letzten Jahren als Erfolgsgeschichte der Integration gefeiert wird. Es ist keine Erfolgsgeschichte. Wer sich integriert hat, musste sich das hart selbst erkämpfen.“ Und viele Zuwanderer der ersten Generation seien bis heute nicht integriert, fügt Kollath hinzu. „Sie haben kleine Läden, betreiben dort Selbstausbeutung, kümmern sich nicht ausreichend um ihre Kinder und sorgen nicht für das Alter vor. Ist das Erfolg?“

Zahlen In Berlin leben etwa 26.000 Menschen mit vietnamesischen Wurzeln, etwa 10.000 davon haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Das ist die größte vietnamesischstämmige Community in Deutschland. Insgesamt leben etwa 100.000 Menschen vietnamesischer Herkunft in der Bundesrepublik.

Geschichte Die DDR hatte Menschen aus Vietnam als ArbeiterInnen etwa in der Textilindustrie aufgenommen. Auch zum Studium kamen VietnamesInnen in das Land. Die meisten haben Deutschland nach der Wende verlassen. Die Bundesrepublik hatte in den 70er und 80er Jahren vor allem Geflüchtete aus Vietnam aufgenommen. 1989 lebten in der DDR etwa 60.000, in der Bundesrepublik um die 40.000 VietnamesInnen. (taz)

Die Ursache dafür sieht sie sowohl in der Politik der DDR, wo Vertragsarbeiter nur als Arbeitskräfte gefragt waren, als auch in der Politik der Nachwendezeit: Bleiben durfte damals nur, wer wirtschaftlich auf eigenen Füßen stand. „Mangels Förderprogrammen machten sich die ehemaligen Vertragsarbeiter selbständig, es entstanden Netzwerke in einer Nische.“ Die bestünden bis heute.

Es gibt allerdings nicht „die“ vietnamesische Gemeinde. Denn neben den ehemaligen DDR-Vertragsarbeitern gibt es die Bootsflüchtlinge. Sie flohen nach dem Kriegsende 1975 aus politischen Gründen vor dem kommunistischen Regime aus Vietnam und fanden in der Bundesrepublik und dem Westteil Berlins Aufnahme. Anders als die Vertragsarbeiter profitierten die „Boatpeople“ von erstklassigen Integrationsangeboten. Viele Angehörige der ersten Generation arbeiteten in akademischen Berufen, als Handwerker, bei Banken, in der Krankenpflege. Etliche sind heute bereits Rentner.

Der Regierung in Hanoi stehen die ehemaligen Bootsflüchtlinge größtenteils ablehnend gegenüber. Eine kleine Gruppe von ihnen demonstriert zweimal im Jahr vor der vietnamesischen Botschaft im Treptower Park oder am Brandenburger Tor für Menschenrechte in Vietnam. Es ist eine ritualisierte Veranstaltung mit einer zweistelligen Teilnehmerzahl, die meisten im Rentenalter. Sie kommen mit den Fahnen der 1975 untergegangenen südvietnamesischen Republik, singen deren Hymne und die deutsche, halten ihre Transparente hoch. Kaum jemand hat ihnen in den letzten Jahren Aufmerksamkeit geschenkt. Die Polizei schickte eher pro forma einen Beamten, weil sie für die Sicherheit von diplomatischen Vertretungen zuständig ist.

Doch seit dem Fall Trinh Xuan Thanh ist das anders. Die Kundgebungen im August und Dezember 2017 thematisierten auch dessen Entführung. „Kein Geheimdienst Vietnams auf deutschem Boden“ und „Ausweisung aller vietnamesischen KP-Diplomaten“, stand auf den Transparenten der Teilnehmer.

In den sozialen Netzwerken wurde gegen die Kundgebungen mobilisiert, es wurden Drohungen ausgesprochen. Die Polizei rückte mit zwei Mannschaftswagen an und brachte Dolmetscher mit. Sie sprach Platzverweise aus etwa gegen eine Frau, die einen Demonstranten mit einem Stein bedrohte. Teilnehmer der Kundgebungen berichteten, sie seien auf dem Nachhauseweg körperlich und verbal attackiert worden. „Nie zuvor ist so etwas passiert“, sagt die Ärztin Hoang Thi My Lan, die die Kundgebungen angemeldet hatte.

Deutsch­vietnamesen verkaufen Immobilien und Geschäftsanteile in der früheren Heimat: Das Vertrauen in eine Zukunft in Vietnam ist nicht mehr da

Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich um eine kleine, aber in den sozialen Netzwerken sehr aktive Gruppe polizeibekannter Männer und Frauen. Darunter sind einzelne ehemalige DDR-Vertragsarbeiter, hauptsächlich aber Frauen, die erst in den letzten Jahren aus Vietnam kamen. Innerhalb einer ethnisch geschlossenen Nische haben sie sich als Nationalisten politisch radikalisiert. Sie drohen in sozialen Netzwerken und auf der Straße Kritikern der Hanoier Regierung mit dem Tod. Dabei prahlen sie mit Verbindungen zu Landsmännern, die in den 1990er Jahren, als in Berlin blutige Kämpfe innerhalb einer vietnamesischen Zigarettenschmuggelmafia ausgetragen wurden, zu Haftstrafen verurteilt wurden und wieder auf freiem Fuß sind oder bald sein werden.

Auch einer Veranstaltung im taz Café im Januar über verfolgte vietnamesische Journalisten drohten zwei Frauen und ein Mann mit einer Stinkbombenattacke. Die taz veranlasste Einlasskontrollen, die Veranstaltung blieb friedlich. Viele Berliner Vietnamesen sind davon überzeugt, dass diese kleine, bundesweit sehr gut vernetzte Gruppe für den vietnamesischen Geheimdienst arbeitet. Doch erwiesen ist das nicht. Man kann sich für jede Idee radikalisieren.

Und längst kann man die vietnamesischen EinwanderInnen nicht mehr auf ehemalige DDR-Vertragsarbeiter und Bootsflüchtlinge reduzieren. In den vergangenen zwanzig Jahren kamen viele neue Migranten nach Berlin. Da ist etwa der in Vietnam politisch verfolgte Blogger Bui Thanh Hieu, der vor vier Jahren nach einer Haftstrafe mit einem PEN-Stipendium nach Deutschland reisen konnte und hier Asyl erhielt. Da ist Thi Minh Tam Ta, die einzige vietnamesische Muttersprachlerin in ganz Deutschland, die Psychiaterin ist. Sie kam nach Berlin, weil sie einen deutschen Kollegen heiratete. Aber es kommen auch zahlreiche Menschen aus Zentralvietnam, das vom Wirtschaftsboom in Fernost kaum profitiert, und die dort keine Zukunftschancen für sich sahen. Das sind vor allem Frauen.

„Unter Vietnamesen wird kommuniziert, dass Frauen es leichter haben, ein Bleiberecht zu bekommen“, erklärt die Sozialpädagogin Phuong Kollath. Die Mittel dazu seien „Zweck­ehen und Zweckschwangerschaften. Andere Möglichkeiten für ein legales Bleiberecht gibt es ja leider kaum.“

Ein anderer Sozialarbeiter, der ungenannt bleiben will, erzählt ein Beispiel: Eine seiner Klientinnen wurde vor sechs Jahren als Vertragsarbeiterin in ein arabisches Land geschickt und fand sich dort als Haus­sklavin wieder. Als sie die Familie zu einer Kur nach Deutschland begleitete, gelang ihr die Flucht. Sie lebte über Monate in der Illegalität und wusste, dass sie eine einzige Chance hatte, dieser zu entkommen: eine Schwangerschaft. Den deutschen Vater soll sie für die Kindeszeugung bezahlt haben.

Die Sozialpädagogin Phuong Kollath Foto: Erik Irmer

Dass die neue vietnamesische Migration überwiegend weiblich ist, zeigt sich in der amtlichen Statistik: Unter den vietnamesischen Staatsbürgern in Berlin sind 44 Prozent Männer und 56 Prozent Frauen. Bei den eingebürgerten ehemaligen Vietnamesen sowie vietnamesischstämmigen Kindern hingegen ist das Geschlechterverhältnis ausgewogen.

Im Lichtenberger Dong-Xuan-Center, einem Asiamarkt auf 165.000 Quadratmetern mit Groß- und Einzelhandel, riesigen Restaurants, Autowerkstatt, Fahrschule, Dolmetscherbüros und einem eigenen Kinderkarussell, ist es seit der Entführung von Trinh Xuan Thanh ruhiger geworden. „Es finden keine Politikertreffen mehr statt“, sagt ein Geschäftsmann, der ungenannt bleiben will.

Treffen im Monatsrhythmus

Dekoration für das Tet-Fest, das auch den Frühlingsbeginn markiert, im Lichtenberger Dong-Xuan-Center Foto: Julia Baier

Bis zum Sommer des vergangenen Jahres gab es solche Treffen im Monatsrhythmus: Ein Gouverneur einer der 63 vietnamesischen Provinzen kam nach Berlin und traf in einem der Restaurants des Asiamarktes mit seiner Landsmannschaft zusammen. Er hielt eine patriotische Rede, um die Berliner Landsleute enger an „die Heimat“ zu binden, wie es in Vietnam Regierungspolitik ist. Und er warb für Spenden und Investitionen für seine Provinz und pries Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Auslandsvietnamesen an. Nicht wenige qualifizierte Menschen sind in den letzten zehn Jahren nach Vietnam zurückgekehrt.

Le Luong Can steht der Landsmannschaft aus der Provinz Vinh Phuc im Norden des Landes vor. Er kam einst zum Physikstudium in die DDR. In den 1990er Jahren gehörte er als Obst- und Gemüsehändler und Betreiber eines Asiamarktes in Marzahn zu den reichsten Geschäftsleuten in der ethnisch geschlossenen wirtschaftlichen Nische. Nach einem vermutlich von Landsleuten verübten Bombenanschlag auf seinen Markt verlor er die Geschäftsgrundlage.

Heute ist er Rentner, kümmert sich um seinen Garten und um seine Landsmannschaft. „Wir treffen uns zweimal im Jahr in Berlin oder Leipzig“, erzählt er. „Wir“, das seien 220 Auswanderer aus Vinh Phuc und deren Kinder im Schulalter. Die Bindung habe ein wenig nachgelassen. Vor fünf Jahren seien noch 300 Leute zu den Treffen gekommen. „Dazu kommen Gäste aus der politischen Leitung der Provinz und von der vietnamesischen Botschaft, die Reden halten und um Investitionen in die Provinz werben.“ Wichtiger Teil des Treffens sei es, die Kinder auszuzeichnen, die gute Schulzeugnisse haben. Sie bekämen 20 Euro und eine Urkunde zur Belohnung.

Nicht ohne Grund kümmern sich vietnamesische Provinzpolitiker um ihre Landsmannschaften im Ausland. Nach offiziellen vietnamesischen Angaben aus dem Jahr 2006 transferieren die 2,7 Millionen Auslandsvietnamesen pro Jahr 3,8 Milliarden US-Dollar allein als Hilfeleistungen für ihre Familien ins Land. Hinzu kommen Investitionen in Unternehmen und Spenden. Das ist mehr, als Vietnam von allen Staaten der Welt zusammengenommen damals als Entwicklungshilfe bekam. Neuere Zahlen wurden bislang nicht veröffentlicht.

Doch „seit der Entführung von Trinh Xuan Thanh gibt es bei vielen ein Umdenken“, sagt der ungenannte Geschäftsmann. Er selbst will sein Haus in Vietnam und seine Geschäftsanteile an einem dortigen Unternehmen verkaufen und das Geld in eine Altersvorsorge in Deutschland stecken. Die hat er bisher nicht, weil er immer vorhatte, irgendwann nach Vietnam zurückzukehren.

„Das erscheint mir nicht mehr sicher“, sagt er heute. Und so gehe es vielen: „Das Vertrauen in eine Zukunft in Vietnam ist nicht mehr da.“