Die Nordlichter auf der Berlinale

Mit „3 Tage in Quiberon“ ist unter den vielen norddeutschen Beiträgen, die auf der Berlinale vorgestellt werden, endlich auch mal wieder einer für den Hauptwettbewerb dabei. Das Drama setzt Michael Jürgs Interview mit der unsterblichen Romy Schneider ein Denkmal

Von Wilfried Hippen

Die Berlinale ist immer auch eine Leistungsschau der deutschen Filmbranche. Sehr oft sind die Produktionspläne von Filmproduktionen so ausgelegt, dass sie pünktlich fertig sind, um bei den Auswahlgremien des Festivals vorgelegt zu werden. So ist es keine Überraschung, wenn auch in diesem Jahr wieder viele Filme, die von der „Filmförderung Schleswig-Holstein“ oder der „Nordmedia“, die Filme in Niedersachsen und Bremen fördert, in den verschiedenen Programmschienen des Festivals auftauchen. Die eine ist mit acht, die andere mit sieben Filmen im offiziellen Programm vertreten.

Nicht selbstverständlich ist es hingegen, wenn zumindest einer dieser Filme auch für den Hauptwettbewerb ausgewählt wird. In diesem Jahr ist dies der Regisseurin Emily Atef mit ihrem Spielfilm „3 Tage in Quiberon“ gelungen. Die deutsch-französisch-iranische Regisseurin inszeniert darin ein berühmtes Interview, das der Hamburger Journalist Michael Jürgs für den „Stern“ mit Romy Schneider führte. Gedreht wurde das Drama in der Bretagne und in Hamburg, zu einem großen Teil aber auch auf der schleswig-holsteinischen Halbinsel Fehmarn.

Chancen auf einen Preis hat auch „Mein Freund die Giraffe“: Der niederländisch-deutsche Kinderfilm von der Hamburger Produktionsfirma mit dem schönen Namen „Hamster Film“ läuft in der Sektion „Generation Kplus“, in der eine Kinder- und eine Fachfrauen-Jury Auszeichnungen vergeben.

Die Nordmedia ist in diesem Jahr mehr als sonst mit Dokumentarfilmen präsent. So läuft Rosa Hannah Zieglers „Familienleben“ in der Sektion „Panorama“. Mit der Kamera hat sie die Familie von Biggi begleitet, die mit ihren beiden Töchtern, vier Hunden und ihrem Ex-Freund Alfred auf einem Hof in einem Dorf in Sachsen-Anhalt lebt. Marie Wilkes Film „Aggregat“ läuft im „Forum“. Sie hat dafür in Redaktionen, auf öffentlichen Plätzen und im Bundestag gedreht und will zeigen, wie der politische und journalistische Alltag hinter den Kulissen aussieht.

Im „Forum Expanded“ läuft zudem noch der experimentelle Kurzdokumentarfilm „Die Schläferin“, in dem Alex Gerbaulet von zwei Frauen erzählt, die von der Presse als „unscheinbar“ und „zurückgezogen“ beschrieben wurden, dann aber mit plötzlichen Gewaltakten in den Schlagzeilen landeten.

In Hamburg wurde der Debütfilm „Whatever happens next“ von Julian Pörksen produziert, der in der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ zu sehen sein wird. In dem Roadmovie erzählt er von einem Mann, der seine Frau, seinen Job und seine bürgerliche Existenz hinter sich lässt und sich absichtslos durch das Leben treiben lässt. Doch ein Privatdetektiv beginnt ihn zu suchen. Als „Berlinale Special“ wird der von Schleswig-Holstein und Hamburg mitfinanzierte Spielfilm „Das schweigende Klassenzimmer“ von Lars Kraume aufgeführt, in dem es um eine Schulklasse in der DDR der 1950er-Jahre geht, die gegen die Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands im Jahr 1956 durch eine Schweigeminute protestierte und sich danach weigerte, die Rädelsführer zu denunzieren.