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Sprengstoff-Attacke in ZinnowitzDöner for none

Handelt es sich beim Angriff auf einen Imbiss in Zinnowitz um eine rassistisch motivierte Tat? Nein, es war Restaurantkritik, sagt die Polizei.

Snack mit Würze: Schmeckt er nicht, kann der Döner schon mal einen Anschlag auslösen Foto: dpa

V om Anschlag zur Böller-Attacke sind es manchmal nur ein paar sprachliche Feinheiten und ein bisschen Wohlwollen entfernt. Das zeigt jüngst ein Fall aus Zinnowitz in Usedom, wo ein 37-jähriger Mann betrunken einen „Polenböller“ auf das Ladenfenster eines Döner-Imbisses warf.

Bei der Explosion zersprang das Fenster, ein paar der Splitter landeten auch im Hintern des betrunkenen Täters, der daraufhin mit dem Rad ins zwölf Kilometer entfernte Krankenhaus fuhr. Immerhin: Verletzt hat er sich nur selbst und nur leicht, der Schaden beträgt 1.500 Euro.

Und die örtliche Polizei? Verkündet die Tat auf dem Twitter-Account fröhlich als aufgeklärt. Denn dem „Suff-Radler“, wie die BILD den Täter liebevoll nennt, sei kein rassistisches Motiv zuweisbar. Die Ermittlungen ergaben nicht etwa Parallelen zu rechtsextremen Angriffen auf migrantisch markierte Lokale, wie man sie seit Jahrzehten größtenteils unbeteiligt in Deutschland beobachtet, sondern eine sehr simple und für die Polizei anscheinend sehr glaubwürdige Begründung: Er sei mit dem Service unzufrieden gewesen. Das Essen habe ihm nicht geschmeckt. Ach so!

Ein bisschen wie der Attentäter vom Münchner Olympia-Einkaufszentrum: Sein Amoklauf war laut CSU keine Konsequenz seiner rechtsextremen Ideologie, wie er sie in einem Manifest niedergeschrieben hatte, sondern schlichtweg ein Racheakt für das einst erlittene Mobbing.

Oder wie in Rudolstadt, wo die Polizei antisemitische Graffitis zu banalen Schmierereien von Fußballfans entpolitisiert. Wer da keinen „klaren Fußballbezug“ erkennt, übersehe das Offensichtliche. Als hätte es eine Tradition der Verharmlosung von rechter Gewalt nie gegeben. Auch die NSU-Morde wurden jahrelang zu innergemeinschaftlichen Bandenkriegen relativiert.

Wie wär's mit einem Beschwerdebrief?

Das öffnet auf jeden Fall ganz neue Lesarten für Taten, die wir sonst nur in einem politischen Kontext betrachten. Schon mal darüber nachgedacht, dass die Autos in München neulich nicht aus Protest gegen Gentrifizierung angezündet wurden, sondern, weil sie schlecht geparkt waren? Vielleicht wurde die Hamburger REWE-Filiale während der Proteste gegen den G20 ja auch nur geplündert, weil die Leute vom schlechten Sortiment frustriert waren.

Um in der Zukunft sicherzustellen, dass man ihm kein rassistisches Tatmotiv zuschreibt, könnte sich der Usedomer Attentäter, äh, Restaurantkritiker ja ein Vorbild an seinen Mitbürgern wie die Rapper Bushido oder Haftbefehl nehmen und Beschwerdebriefe schreiben. Dann geht es auch nicht so nach hinten los.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.

9 Kommentare

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  • Die Pressemitteilung der MV-Polizei klingt da ein wenig anders als der Artikel es vorgibt:

     

    "Da ein ausländerfeindliches Motiv

    nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, hat der Staatsschutz der

    Kriminalpolizeiinspektion Anklam die Ermittlungen zu diesem

    Sachverhalt übernommen."

  • Interessant, dass die Polizei mit ihrer Version durchkommt, ohne irgend etwas an Beweisen zu liefern. So ist es schnell aus den Medien verschwunden. Twitter sei Dank. Interessant, dass stets verharmlosend von Polenböller die Rede ist, wenn Bombenanschläge verübt werden.

    Interessant, dass selbst die dümmsten Ausreden von der Polizei verbreitet werden können, ohne es hinterfragen zu dürfen. Interessant, dass BILD mit seiner Version akzeptiert wird, ohne Beweise zu liefern. Interessant, dass die Autorin Beweise liefern soll, was nicht ihr Job ist, sondern die der Polizei das rassistische Motiv definitiv ausgeschlossen wird.

    Interessant, dass weder eine Hausdurchsuchung erfolgt oder Haftbefehle erlassen werden.

    Beweise vernichten leicht gemacht.

    NSU Ermittlungen reloaded.

     

     

     

    aber über die

    • @balaban:

      Ein stadtbekannter Trinker und Gröhler als Nachfolger des NSU? Ach, Göttchen ...

  • (...)" Schmeckt er nicht, kann der Döner schon mal einen Anschlag auslösen "(...)

     

    Möglicherweise waren es auch die dort angebotetene Curry-Bratwurst oder das Schweinschnitzel mit Pommes, die dem Böllerwerfer schwer im Magen gelegen haben.

    Oder der Zoni hat sich mächtig darüber geärgert, dass der Besitzer nicht mal in der Lage ist, seinem Laden einen korrekt geschriebenen türkischen Namen zu geben, den immerhin auch 5 Sultane hatten. So gibt es den Namen im Türkischen nicht. Ist wie mit Mike und Maik. Ausländische Namen sind im Natz-Land Glückssache. da gibt es ja auch Frauen, die Schanett heissen. Halāl ist der dortige Döner auch nicht.

  • Gibt's denn Anhaltspunkte dafür, dass dem Böllerwurf ein rassistisches Motiv zugrundeliegt? Wenn ja, verstehe ich nicht, warum das im Text nicht erwähnt wird. Wenn nein, verstehe ich den Text insgesamt nicht.

  • An die Professionalität der NSU-Uwes kommt dieser Suffki allerdings nicht im Ansatz heran. Die haben ja einen keinem der 27 Tatorte die geringste Spur hinterlassen (Laut DNA-Spuren-Experten, kann man das ganz vielleicht schaffen, wenn man sich in ein „Ganzkörperkondom“ hüllt, sowas hat allerdings auch niemand gesehen…) und niemand hat sie gesehen, geschweige denn, daß sie sich besoffen auf frischer Tat erwischen ließen.

  • Vielleicht ist das ja ein verzweifelter Tierschützer, der sich Mut angetrunken hat und wegen der Schächterei für Halal-Fleisch ein Zeichen gegen Tierquälerei setzen wollte. Um mal einen weiteren Faden zu spinnen wie der Autor…

  • Also der Laden gehört nicht der von der Autorin vermuteten Bevölkerungsgruppe und im Verkaufsraum arbeiten Deutsche und manchmal auch Polen ...

     

    Aber es hätte ja alles so schön gepasst.

  • Man fragt sich, welches Spezialwissen über Tathergang und Motivation des Täters der Autorin vorliegt, das Sie uns vorenthält. Oder gibt es gar kein Spezialwissen. Weil die Polizei davon ausgeht, es gebe keinen fremdenfeindlichen Hintergrund, ist die Tat dann automatisch rassistisch motiviert? Was für ein Unsinn.