Lompscher hat den Chef vor Augen

Im Streit über die richtige Baupolitik soll ein Ausschuss helfen.Die linke Bausenatorin leitet ihn, doch auch Michael Müller ist dabei

Kriegt mächtig Druck von der SPD: Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke), hier im Parlament Foto: dpa

Von Stefan Alberti

Bausenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) hat einen weiteren Chefposten. Sie leitet den neuen Steuerungsausschuss, der den Wohnungsbau in Berlin deutlich beschleunigen soll. Der rot-rot-grüne Senat beschloss damit am Dienstag, was er bei seiner Klausurtagung vor zwei Wochen diskutiert hatte. Wie damals vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gefordert, sind konkrete Fristen festgeschrieben, binnen derer bislang oft langatmige Streitfälle geklärt sein sollen. Vorausgegangen waren Forderungen der SPD-Fraktion, Müller solle selbst einer derartigen Entscheiderrunde vorsitzen.

Das neue Verfahren baut auf der bisherigen, 2013 gegründeten Wohnungsbauleitstelle auf, auch Clearingstelle genannt. Sollte sie bei einem Problemfall zwischen oder mit Bezirken, Senatsverwaltungen oder den Bauträgern binnen zwei Monaten nicht weiterkommen, geht die Sache künftig an Lompschers Steuerungsausschuss. Wenn dort nach zwei Sitzungen, also nach maximal zwei Monaten, ebenfalls keine Entscheidung gefallen ist, soll Lompscher den Streitfall zur Abstimmung im gesamten Senat vorlegen. „Natürlich wird es das Ziel sein, im Konsens zu entscheiden“, sagte die Senatorin am Dienstag vor Journalisten.

Lob von der Wirtschaft

„Ein sehr guter Schritt“, lobte der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen das neue Verfahren. Ständige Mitglieder des Steuerungskreises sollen neben Lompscher als Chefin die Senatskanzlei und die Senatsverwaltungen für Verkehr sowie Wirtschaft sein. Senatssprecherin Claudia Sünder kündigte an, dass die Senatskanzlei nicht etwa durch einen ihrer Staatssekretäre, sondern durch den Regierungschef selbst vertreten sein wird.

Dieses ungewöhnliche Modell – der Regierungschef als einfaches Mitglied eines Gremiums, das die ihm sonst untergebene Senatorin leitet – legt nahe, dass Müller nicht erst in Senatssitzungen selbst Einfluss auf Wohnungsbauentscheidungen nehmen will. Nach der Senatsklausur hatte er auf Journalistenfragen, warum er nun doch nicht selbst wie von der SPD-Fraktion gefordert das Entscheidergremium leitet, gesagt: „Es muss nicht sein, dass jedes Thema sofort in der Senatskanzlei landet.“ Müller fügte damals hinzu, er habe Unterstützung angeboten – „das Angebot steht“.

Hintergrund der SPD-Kritik ist, dass die rot-rot-grüne Koalition aus Sicht der Sozialdemokraten beim Wohnungsbau im jährlich um mehr als 40.000 Einwohner wachsenden Berlin nicht schnell genug vorankomme. Müller selbst kritisierte bei der Klausurtagung, man bleibe „hinter den Zielzahlen zurück“ – nicht bei den Baugenehmigungen, aber bei der Zahl tatsächlich gebauter Wohnungen und potenzieller Bauflächen.

Lompscher sieht durch die beabsichtigten schnelleren Entscheidungen die von ihr geförderte Bürgerbeteiligung nicht beeinträchtigt. Die aus ihrer Sicht durch dieses Verfahren aufgewertete Wohnungsbauleitstelle war nach eigenen Angaben seit ihrer Gründung im Mai 2013 an 350 Projekten beteiligt und konnte rund zwei Drittel dieser Streitfälle lösen. Anfangs hatte sie nach Senatsangaben zwei Mitarbeiter, nun sollen es zehn sein.

Als Beispiele für Streitfälle zwischen Bezirken, Senatsverwaltungen und Bauträgern nannte Lompscher zum einen die Frage, was in der enger werdenden Stadt mit Bodenaushub zu machen ist; zum anderen den sogenannten naturräumlichen Ausgleich, also die Verpflichtung, für zubetonierte Flächen andere Flächen aufzuwerten.