SASCHA ZASTIRAL ÜBER PAKISTANS OFFENSIVE GEGEN DIE TALIBAN
: Hausgemachter Terror

Pakistans Armee unterstützte die Militanten als nützliches Instrument für ihre eigenen Interessen

Erneut hat ein Selbstmordattentäter in Pakistan zugeschlagen und in Rawalpindi bei Islamabad mehr als 30 Menschen ermordet. Mehr als 2.000 Menschen sind bei Anschlägen in Pakistan in den letzten zwei Jahren ums Leben gekommen. Die Schuld an ihrem Tod trägt der Sicherheitsapparat des Landes.

Zwar ist die Armee in den vergangenen Jahren immer wieder in die Taliban-Hochburgen im Nordwesten des Landes einmarschiert und hat sich den dortigen Milizen gestellt. Doch es waren in aller Regel nur begrenzte Operationen, mit denen die Armee die Militanten in die Schranken weisen wollte. Denn bis zuletzt sah Pakistans Armee die Militanten als nützliche Instrumente, um ihre Interessen in der Region durchzusetzen.

Pakistans Sicherheitselite begann in den 70er-Jahren gezielt militante Gruppen zu unterstützen. Die Armee unterstützte die Mudschaheddin in Afghanistan und später die Taliban, um ihren Einfluss auf den nördlichen Nachbarn zu sichern. Andere Gruppen sollten gewaltsam den Anschluss Kaschmirs an Pakistan erzwingen. Überall im Land unterstützte der Staat die Gründung radikaler Koranschulen, die den heiligen Krieg predigten.

Doch der Schuss ging nach hinten los. Nun kämpfen die Extremisten aus dem Nordwesten, die nur infolge von Pakistans Sicherheitspolitik dort Land erobern konnten, und Terrorgruppen aus dem Pandschab gegen den pakistanischen Staat selbst. Erst nach dem Überfall auf das Armeehauptquartier vor drei Wochen ist die Armeeführung aufgewacht und hat den Einmarsch in Südwasiristan, das Machtzentrum der Militanten, angeordnet.

Ob es nun überhaupt möglich sein wird, das selbst geschaffene Problem der islamistischen Militanz militärisch zu lösen, wird sich zeigen. Bis dahin werden es vermutlich noch etliche Pakistaner mit ihrem Leben bezahlen, dass ihre Armeeführung Pakte mit unberechenbaren Fanatikern eingegangen ist.