Ein Mann bleibt im Amt

Lüneburgs Bürgermeister übersteht den Abwahlantrag

Von Andreas Speit

In Lüneburg muss Bürgermeister Gerhard Scharf nicht sein Amt abgeben. Am Freitagabend scheiterte im Stadtrat ein Antrag der Linken, den CDU-Politiker abzuwählen. Seit Wochen stand Scharf wegen seiner Äußerungen in einem Youtube-Video des rechten Bloggers Nicolai N. in der Kritik.

In dem Video „Auf der Pirsch in Lüneburg – ein Bürgermeister spricht Klartext“ trifft Scharf am Gedenkstein für die 110. Infanterie-Division auf N., einen gebürtigen Lüneburger, der als Youtuber den Kanal „Der Volkslehrer“ betreibt. Die 110. Division war an der Ermordung von 9.000 Zivilisten in Weißrussland beteiligt. Im Gespräch sagt der Bürgermeister, dass für die Linke „alle deutschen Soldaten Faschisten und Verbrecher“ seien und stimmt N. darin zu, dass die Linke die Geschichtsdeutung gepachtet habe: „Richtig! Und dann wollen die mir noch was von Demokratie erzählen. Da geht einen das Messer in der Tasche auf.“

Bei der entscheidenden Abstimmung des Stadtrats hatte die Stadtverwaltung schon mit einen großen Besucherandrang gerechnet und die Sitzung in eine Schulaula verlegt, doch viele der über 200 Besucher mussten die Auseinandersetzung stehend verfolgen. Knapp 100 Zuschauer konnten sie nur durch die Scheibe von außen beobachten.

In geheimer Wahl votierten 17 Ratsmitglieder für die Absetzung. Nicht genug: 22 Ratsdamen und -herren hätten es sein müssen. 20 Ratsmitglieder stimmten für Scharf. In der Aula hatte sich der 78-Jährige zuvor in einer persönlichen Erklärung entschuldigt. „Als langjähriger, ehrenamtlicher Bürgermeister und Historiker sollte mir hinlänglich bekannt sein, welche Wirkung falsch gewählte Worte haben können und dass eine unmissverständliche Ausdrucksweise von elementarer Bedeutung ist“, sagte Scharf. „Ich hätte den Andeutungen, die schließlich eindeutig aus der rechten politischen Ecke kamen, unmissverständlich und vehement widersprechen müssen.“

Aus der CDU bekam Scharf am Freitag Rückendeckung. Ratsmitglied Rainer Mencke erklärte: „Er ist auf den Blogger reingefallen, hat sich ins Gespräch verwickeln lassen und wurde aufs Glatteis geführt.“ Auch die AfD sah keinen Grund zur Abwahl.

Dass die Linke an ihrem Abwahlantrag von Scharf festhielt, begründete deren Fraktionsvorsitzender David Amri so: „Die Entschuldigung war sehr allgemein formuliert und die berechtigte Kritik an seinen Äußerungen konnte er nicht glaubwürdig entkräften.“