heute in bremen
: „Wir bleiben bloß unserer Ideologie treu“

Dicle Kitay, 21, studiert in Bremen und engagiert sich bei „YXK“, dem Verband der Studierenden aus Kurdistan.

Interview Teresa Wolny

taz: Frau Kitay, Sie wollen heute mit einer Demonstration auf den Einmarsch der Türkei in Afrin aufmerksam machen. Wie hilft denn dieses Engagement den Kurdinnen und Kurden in Syrien?

Dicle Kitay: Viele Menschen, denen wir mit unserer Demo eine Stimme geben wollen, leben dort zurzeit ohne Strom und Internet in Kellern und fürchten um ihr Leben. Eine Solidaritätsdemo mag dort vielleicht nicht ankommen, auch weil die Menschen andere Prioritäten haben, aber wir können sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.

Wie ist die Stimmung hier in Bremen unter den UnterstützerInnen?

Erschüttert, traurig und ohnmächtig. Ich selbst habe eine kurdische Identität, aber auch immer mehr Deutsche wollen gegen diesen Konflikt protestieren. Es ist erschreckend, dass wir immer noch auf die Straße gehen müssen, um für Frieden zu demonstrieren.

Wie stellen Sie sicher, dass die Demonstration friedlich verlaufen kann?

Die PKK wird von Deutschland als Terrororganisation gesehen. Wären etwa Öcalan-Flaggen nicht verboten, würden wir auch nichts Verbotenes machen. Dass wir Öcalan-Flaggen zeigen werden, ist aber keine Provokation oder Trotzreaktion von unserer Seite, wir bleiben bloß unserer Ideologie treu. Es besteht zwar die Gefahr, dass die heutige Demonstration aufgelöst wird, wir werden aber versuchen, emotionale Auseinandersetzungen zu verhindern. Grundsätzlich rechnen wir aber nicht mit einer Auflösung.

In Köln kam es zuletzt bei pro-kurdischen Demonstrationen vereinzelt zu Straftaten. Wie wollen Sie verhindern, dass sich die Wut über den Einmarsch in Afrin auch in Bremen auf der Straße entlädt?

Demonstration „Hände weg von Kurdistan – Deutsche Panzer raus aus Afrin!“: 16.30 Uhr, Hauptbahnhof

Die Schmierereien Köln rühren tatsächlich von der Wut über die politische Situation. Die Kurden werden als politische Akteure nicht wahrgenommen. Es wird Zeit, dass SPD und CDU sich hinsetzen und überlegen, warum ein autoritär-diktatorischer Präsident Erdoğan noch immer von Deutschland unterstützt wird.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, um langfristig Frieden zwischen Kurden und Türken zu erreichen?

Es gab schon oft Friedensgespräche. Das Pro­blem ist, dass diese oft von türkischer Seite abgeblockt werden und nicht darauf eingegangen wird. Entweder müssen die Kurden sich beugen oder es ist kein Frieden in Sicht.