Feier und Feuer

Zunächst einmal ist ein sportliches Großereignis zu verkünden. Satoko Fujii, die in einer höchst eigenen Liga spielende japanische Pianistin, die neben Tokio auch Berlin ihr Zuhause nennt, begeht 2018 ihren 60. Geburtstag. Und zwar mit einem Album pro Monat. Das ist bei Fujii, die ohnehin nicht gerade zurückhaltend ist mit ihren Veröffentlichungen – 2017 waren es mindestens sechs neue Alben –, vielleicht weniger überraschend als bei anderen Kollegen, doch bleibt das immer noch eine ganz schöne Menge.

Ein musikalisches Großereignis ist dabei schon der Auftakt des Geburtstagsmarathons. „Solo“, wie ihr soeben erschienenes Soloalbum heißt, wird ein neuer Klassiker des freieren Jazz. Anders geht das gar nicht. Die Aufnahme, im vergangenen Jahr beim Konzert in Yawatahama entstanden, zeigt die stilistischen Eingrenzungen gegenüber abgeneigte Musikerin maximal konzentriert, mit klug ineinandergreifenden Ideen, fast selbstverständlichen Wechseln von impressionistisch anmutenden harmonisch-melodischen Passagen über atonale Ausbrüche bis hin zum Spiel des Instruments jenseits der Tasten. Träumerisch, hart, spukartig, außerirdisch. Toll eben.

Statt ihre Inspirationen in schroffer Folge herauszuschleudern, verdichtet Fujii, reduziert ihre Mittel, dass einem beim Hören als Reaktion einzig das Verzaubertsein bleibt. Sorry, aber das ist die volle Wahrheit.

Eine stillere Sensation ist das Album der australischen, in Berlin lebenden Gitarristin Julia Reidy, „All Is Ablaze“. Reidy, die auch im Echtzeitmusik-Kollektiv Splitter Orchester spielt, hat sich die beiden Seiten ihres zweiten Soloalbums zwischen akustischer und elektrischer Gitarre aufgeteilt. Im Titelsong mit Zwölfsaiter hat die Sache etwas von insistierendem, reduktionistischem Folk. Kleine Schrammeleinheiten entwickeln sich langsam, lassen zwischendurch locker, gestatten frisch geschlüpften Melodieansätzen ihre ersten Schritte. Dicht und weit.

Einen Hauch rauer dann „Thatched Steel & Rain“, in dem Reidy zur E-Gitarre greift. Auch hier herrscht eine strenge Ökonomie des repetitiven Arbeitens mit Tönen vor. Sorgt durch den Instrumentenwechsel für eine veränderte Perspektive. Wieder ein weiter Himmel, jetzt leicht verzerrt. Und nicht minder elektrisierend.

Tim Caspar Boehme

Satoko Fujii: „Solo“ (Libra)

Julia Reidy: „All Is Ablaze“ (Feeding Tube)