AMERICAN PIE
: Eine Frage des Geists

BASEBALL Die San Francisco Giants sind die Stehaufmännchen der Liga. Heute spielen sie gegen die Detroit Tigers um den Titel

Larry Bear, Geschäftsführer der San Francisco Giants, beschreibt das Ansehen seiner Mannschaft bei den eigenen Fans folgendermaßen: „Das Team hat sich die Begeisterung der Leute erobert, weil es nach jedem noch so herben Dämpfer wieder zurückfindet und sich nicht unterkriegen lässt. Auch deshalb werden meine Jungs – im positiven Sinne – gern als Kakerlaken bezeichnet. Die Leute brauchen und wollen das.“

In der Tat sind die Comeback-Fähigkeiten der Giants vor dem großen Finale der World Series in der Major League Baseball gegen die Detroit Tigers am heutigen Mittwoch nicht zu unterschätzen. Während der Postseason meldeten sich die „Jints“ in den Division Series nach einem 0:2-Rückstand gegen die Cincinnati Reds eindrucksvoll zurück und drehten den im Best-of-Five-Modus angesetzten Vergleich noch in ein 3:2. Ein ähnliches Kunststück gelang dann im entscheidenden Spiel zum großen Finale. Diesmal – im Best-of-Seven-Modus – wurde ein 1:3 Rückstand gegen Vorjahressieger St. Louis Cardinals noch in ein 4:3 umgemünzt und damit der Sieg in der National League gesichert.

Dieses Kunststück, zweimal drei Elimination-Games in einer Postseason für sich zu entscheiden, gelang einem Team in der Geschichte der MLB bisher erst einmal. 1985 waren es die Kansas City Royals, die mit Pitcher Steve Balboni diese Art von Erfolg feiern durften. Ausgerechnet Balboni. Der ist heute Scout bei den Giants und scheint das Siegergen in sich zu tragen: „Das Pitching macht den Unterschied aus. Jeder gewonnene Ball des unterlegenen Teams setzt die führende Mannschaft unter Druck. In einer Kopf-an-Kopf-Partie brennen alle Beteiligten. Hier darf man sich keine Fehler leisten.“

Die Giants sollten sich diese Worte gut einprägen, steht ihnen im Finale gegen die Tigers so etwas wie das Team der Stunde gegenüber. Die Franchise aus Michigan, die seit mittlerweile 28 Jahren ihren fünften Sieg bei den World Series warten, haben in diesem Jahr Rekordchampion New York Yankees bei den Championship Series mit 4:0 geschlagen und triumphierten in der American League. Zuvor setzten sie sich gegen die Oakland Athletics mit 3:2 durch. Der Unterschied zu den Giants liegt allerdings in den Fähigkeiten der Männer mit dem Schläger. Oakland musste in den fünf Partien gegen die Tigers satte 50 Strikeouts hinnehmen, die New York Yankees immerhin neun pro Begegnung. Die Giants treffen den Ball da einfach besser. Im Ranking, das die Strikeouts zählt, finden sich die Giganten aus dem Westen ganz weit hinten – auf Platz 26.

Die Finalserie steht auch im Zeichen einzelner, herausragender Akteure. Detroit setzt dabei auf seinen Starting Pitcher, den 29-jährigen Justin Verlander. Erst im September erhielt er in der American League die Auszeichnung zum Werfer des Monats. Nun muss sich zeigen, ob seine 150 Meilen pro Stunde schnellen Pitches wirklich meisterlich sind. Dem gegenüber steht die Offensivstärke der Giants. Mit den zu neuen Stars herangewachsenen Marco Scutaro, Barry Zito und Ryan Vogelsang geht das Team von Larry Baer mit breiter Brust in die Endspiele. Der sagt: „Das Spezielle unseres Teams, das unermüdlich dem Prinzip des Alles-kann-passieren folgt, kommt an bei den Zuschauern. Wir wollen den Leuten das Gefühl mitgeben, dass wir uns von Nichts und Niemandem erschüttern lassen. Dieser Spirit steckt die Fans an und existiert heute nicht mehr oft im Sport.“

Die Giants, die ihre Finaleinzug im strömenden Regen mit ihren Fans ausgiebig gefeiert haben, standen zuletzt 2010 im Endspiel um die begehrten Meistertrophäe und konnten sich seinerzeit gegen die Texas Rangers durchsetzen. Sie wollen die MLB-Saison mit ihren insgesamt 2.430 Spielen in der regulären Saison und den anschließenden Playoffs am liebsten mit ihrem siebten Erfolg krönen. DAN STORBECK