EU-Parlamentarier fordern mehr Frauen an der Macht

VIELFALT Weiter Streit über einen Mann, der ins Direktorium der Europäischen Zentralbank will

STRASSBURG dapd | EU-Parlament und Mitgliedsstaaten streiten weiter erbittert über die Berufung des Luxemburgers Yves Mersch in das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Weite Teile der Abgeordneten wollen Mersch ablehnen, weil Frauen in der EZB-Chefetage und in anderen europäischen Spitzenpositionen unterrepräsentiert sind. Nun droht der Präsident der luxemburgischen Nationalbank am Donnerstag im Plenum durchzufallen – quasi als Sündenbock.

Am Montagabend hatte der Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlaments den Aufstieg Merschs ins EZB-Direktorium abgelehnt. „Ja, ich muss leider bekennen, ich bin keine Frau“, hatte er daraufhin in Berlin bekannt.

Am Dienstag versuchte EU-Ratschef Herman Van Rompuy, das Parlament in Straßburg umzustimmen. Vor dem EU-Gipfel vorige Woche habe er einen flammenden Appell an die Staats- und Regierungschefs gerichtet, „weibliche Kandidatinnen für freie Stellen auf europäischer Ebene auszusuchen und vorzuschlagen“. Dies sei besonders nötig im Wirtschafts- und Finanzsektor, „wo Frauen eklatant unterrepräsentiert sind“. Mit Blick auf die abschließende Entscheidung des Plenums der EU-Parlamentarier bat der Gipfelchef, nach einem Bekenntnis zu mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern, allein die Qualifikation von Mersch als Kriterium heranzuziehen.

Für viele Parlamentarier waren Van Rompuys Worte nur ein Lippenbekenntnis: „Wir wollten eine Zusage, wie es in Zukunft weitergeht. Die haben wir nicht bekommen“, sagte der Fraktionschef der europäischen Sozialdemokraten, Hannes Swoboda.

Am Donnerstag wird es wohl zur Kampfabstimmung kommen. Dies erwartet man in Parlamentskreisen. Bleibt die Europäische Volkspartei (EVP) bei ihrer Position, im Plenum weitgehend nicht mit abzustimmen, könnte der Luxemburger durchfallen.

Das muss seinen Sprung ins EZB-Direktorium allerdings noch nicht stoppen. Das Parlament darf den Kandidaten der Mitgliedsstaaten nur anhören, es kann ihn jedoch nicht ablehnen. Als abgeschlossen gilt die Anhörung aber erst durch ein gültiges Plenumsvotum. Beharren die Vorkämpfer der Frauen auf eine Verschiebung, bliebe die Personalfrage auf Eis gelegt.