Krieg gegen Schweinswale

Die Bundeswehr will auf der Ostsee vor Feriengebieten eine Fregatte sprengen. Die Linke, der Nabu und Umweltminister Habeck befürchten Schäden für die Meeresumwelt

Von Sven-Michael Veit

Die Bundesmarine will vor der schleswig-holsteinischen Küste auf der Ostsee Krieg spielen. Zwischen den Touristenzentren Damp und Olpenitz soll eine ausgediente Fregatte nach Herzenslaune beschossen und „angesprengt“ werden. Das bestätigt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Cornelia Möhring. Diese befürchtet deshalb Gefahren für Schweinswale sowie für die größte Uferschwalbenkolonie des Landes: „Diese Planungen müssen sofort gestoppt werden“, fordert Möhring.

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck steht dem Vorhaben ebenfalls kritisch gegenüber. Sein Ministerium als oberste Naturschutzbehörde des Landes sei über die Pläne der Bundeswehr nicht informiert worden, er selbst habe erst am Montag davon erfahren, so Habeck auf Anfrage der taz. Er kündigte an, von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine ausführliche und formelle Beteiligung seines Ministeriums einzufordern, das als oberste Naturschutzbehörde „im Küstenmeer für den Vollzug von Naturschutzaufgaben zuständig“ ist, wie selbst die Bundesregierung einräumt.

Konkret will die Bundeswehr im zweiten Quartal 2018 und erneut „ab Spätsommer (ggf. bis Januar 2019)“ in einem Sperrgebiet vor Schönhagen erproben, wie sich Beschuss und Sprengungen auf eine Fregatte auswirken. Dafür wird die ausgemusterte Fregatte „Karlsruhe“ zurzeit mit Sensoren ausgerüstet, zugleich würden Gefahrstoffe entsorgt.

Über verwendete Geschosse und Sprengstoffe indes schweigt die Bundesregierung sich aus: Das ließe „Schlüsse auf die Verwundbarkeit der Kampfschiffe“ zu und wäre somit „nachteilig für die Bundesrepublik Deutschland“.

Zugleich beteuert die Bundesregierung, dass sämtliche Maßnahmen nur im Sperrgebiet durchgeführt würden. „Wirtschaftliche Schäden“ für die Ferienorte an der Küste seien nicht zu erwarten, jedoch könne „das Vorkommen von Meeressäugetieren, geschützten Seevogelarten oder geschützten Fischarten nicht ausgeschlossen werden“, gibt die Regierung zu. So komme der vom Aussterben bedrohte Schweinswal „ganzjährig im Gebiet vor“.

Massive Störungen, Hörschäden und tödliche Verletzungen bei Meeresbewohnern befürchtet auch der Naturschutzbund (Nabu). Er sieht zudem die Laichgebiete des Ostseedorsches betroffen und sagt erhöhte Schadstoffkonzentrationen in Miesmuscheln durch Munitionsreste voraus: „Das ist umweltrelevant und muss untersucht werden“, sagt Nabu-Chef Ingo Ludwichows­ki. Habeck steht an der Seite der Naturschützer: Solche Gefährdungen seien „zumindest nicht von vornherein auszuschließen“.