Streit über Preis für Pussy Riot

LUTHERSTADT Wittenberg hat russische Punkrockerinnen für Lutherpreis „Das unerschrockene Wort“ nominiert. Pfarrer Schorlemmer will das verhindern

WITTENBERG taz | Die sachsen-anhaltische Stadt Wittenberg ist Lutherstadt: Hier hat der Reformator der evangelischen Kirche seine berühmten Thesen angeschlagen, hier lebt heute der protestantische Theologe, Ex-DDR-Bürgerrechtler und Publizist Friedrich Schorlemmer. Dieser wendet sich gegen den Vorschlag seiner Heimatstadt, der russischen Punkrockgruppe Pussy Riot den Lutherpreis 2013 für „Das unerschrockene Wort“ zu verleihen. Schorlemmer steht für eine Bürgerallianz in Wittenberg, die in der heute stattfindenden Stadtratssitzung die Zurückziehung der Nominierung erreichen will.

Schorlemmer empfindet die Aktionen von Pussy Riot als „Provokation“, die religiöse Gefühle verletzen würden. Die Bestrafung der Russinnen bezeichnet er jedoch als völlig unangemessen. Erst letztes Jahr ist Schorlemmer Laudator bei der Preisverleihung für Dmitri Muratow, Chefredakteur der russischen Zeitung Nowaja Gaseta gewesen, für die auch die ermordete Anna Politkowskaja gearbeitet hatte. Der damalige Preisträger sagt heute über die Nominierten: „Sie sitzen im Gefängnis!!! Wie könnte ich heute nicht empfehlen, die Frauen zu nominieren?“

Auch der grüne EU-Parlamentarier Werner Schulz spricht sich für die Beibehaltung der Nominierung aus. In einem offenen Brief schreibt er, die „politischen Motive des Punkgebets“ seien eindeutig und „kaum geeignet, religiöse Gefühle“ zu verletzen.

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