Rheinland ruft Chinawochen aus

Heute beginnt in Düsseldorf die China-Messe. Die Landeshauptstadt streitet mit Köln um die erste Adresse beim asiatischen Wirtschaftsgiganten. Ein bizarrer Wettstreit um nur wenige Arbeitsplätze

von SVEN PRANGE

Der Mann strotzt vor Zufriedenheit. „Das gewaltige Wachstum des chinesischen Marktes gibt auch der Kölner Wirtschaft viele Chancen.“ Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) sparte bei seinem gerade beendeten China-Besuch nicht mit großen Worten. Dabei befindet er sich ganz in der Nähe eines Mannes, der ihm die beschworene positive Entwicklung in China streitig machen möchte: Düsseldorfs Stadtchef Joachim Erwin (CDU).

Heute wird in Düsseldorf die Eröffnung der ersten deutschen Messe mit ausschließlich chinesischen Ausstellern bejubelt. Auf der „China Sourcing“ wollen sich 200 Aussteller mit Produkten „Made in China“ präsentieren. Nicht mit billiger Ramschware, sondern mit Qualitätsprodukten. Freilich – der geringen Löhne sei Dank – viel billiger als europäische Konkurrenzprodukte.

Die beiden Stadt-Häuptlinge Schramma und Erwin liefern sich einen irren Wettkampf um die Gunst chinesischer Investoren. Dabei dürften beide im letzten Jahr öfter China besucht haben, als die jeweilige rheinische Nachbarmetropole. China mit seinen 1,3 Milliarden Verbrauchern und seiner wirtschaftsliberalen Führung weckt Begehrlichkeiten.

Es geht um Geld und Prestige. Vor einem Jahrzehnt hat es noch eine Vereinbarung zwischen Düsseldorf und Köln gegeben. Die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf sollte sich um das Japan-Geschäft kümmern, die Kölner IHK um die Chinesen. Die Vereinbarung wurde von Erwin aufgekündigt: Seitdem der Düsseldorfer OB glaubt, in China das große Geschäft machen zu können, bauen Stadt und IHK Düsseldorf ihre China-Kompetenz fleißig aus. Für Joachim Erwin ist das logisch. „Düsseldorf ist ein wichtiger Brückenkopf Chinas in Deutschland“, erklärte der OB bei der Unterzeichnung einer Städtepartnerschaft mit dem westchinesischen Chongqing. Die Zahlen untermauern das nicht. Düsseldorf und Köln spielen in der Riege der deutschen Großstädte im China-Geschäft eine Nebenrolle. Etwa 100 chinesische Unternehmen gehen in der Landeshauptstadt ihren Geschäften nach, in Köln sind es 60. Hamburg dagegen freut sich über 400 Firmen aus dem Reich der kapitalfreudigen Kommunisten, Frankfurt über 200. Viele Chinesen zieht es nach Rotterdam oder Antwerpen.

Dennoch planen beide Städte weiter am China-Image. Vor wenigen Wochen wurde an der Düsseldorfer Königsallee ein China-Zentrum eröffnet. Tee-Zeremonien, ein mäßiges Restaurant und Raum für Wirtschaftstreibende warten hier. Damit waren die Düsseldorfer schneller als die Kölner, die sich ihrer guten Kontakte zur chinesischen Hauptstadt Peking rühmen. Jetzt will auch Köln ein China-Zentrum. Für 130 Millionen Euro soll das in Deutz entstehen.

„Bürokratieabbau“ heißt ein weiteres Zauberwort. „Wir bearbeiten alle Anträge von chinesischen in vier Wochen“, verspricht Kölns OB Schramma. Beide Städte haben eigens China-Abteilungen eingerichtet. Der Nutzen ist umstritten. Ob die chinesischen Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, gilt als fraglich. In Köln haben sich seit April zwölf chinesische Unternehmen angesiedelt – mit einem Stammkapital von insgesamt nur 500.000 Euro. In Düsseldorf kamen im vergangenen Jahr 40 neue China-Firmen dazu. „Wie groß das finanzielle Volumen ist, sagen wir nicht“, heißt es bei der Stadt. Experten glauben zu wissen, warum. Viele der Unternehmen seien Handelsbüros mit wenig Personal. Selten stellten diese deutsche Arbeitnehmer ein.

Die Euphorie scheint zu verfliegen. In Köln wird gemunkelt, dass die KoelnMesse sich nicht mehr an den China-Anstrengungen von Stadt, IHK und KölnTourismus beteiligen werde. In Düsseldorf geht die IHK vorsichtiger mit dem Thema um. Der IHK-Experte fürs China-Geschäft, Gerhard Eschenbaum, gibt zu: „China-Geschäfte bergen auch Risiken.“ Die Kosten seien oft höher als erwartet. Ein weiteres Risiko: China gilt als Eldorado für Produktpiraten.