Bernau stinkt den Berlinern

Nach zwei Tagen meldet Feuerwehr bei der Bekämpfung des Großbrandes auf einer Müllhalde in Bernau erste Erfolge. Rauchwolke belästigt die Berliner, Gesundheitsverwaltung gibt Entwarnung

von ULRICH SCHULTE

Auch am Sonntag herrschte ein paar Kilometer nordöstlich von Berlin der Ausnahmezustand: Stinkender Rauch, dicht wie Nebel, zog durch Wohngebiete in Bernau (Barnim), in weiten Teilen der Stadt gab es durch die Abschaltung eines Blockheizkraftwerkes kein warmes Wasser, zwei ABC-Schutzfahrzeuge der Feuerwehr patrouillierten. „Das Feuer ist längst nicht unter Kontrolle, es wird noch Tage brennen“, sagte Christian Trill von der Kreisverwaltung Barnim.

Über die Ursache des enormen Schwelbrandes auf dem Gelände der Recyclingfirma GEAB konnten LKA-Spezialisten noch nichts sagen – es ist bisher nicht möglich, an den Brandherd heranzukommen.

Lange bevor die ersten Radionachrichten am Samstag berichteten, hatten viele BerlinerInnen das Ergebnis in der Nase: In den nördlichen Bezirken, aber auch in Mitte, Kreuzberg und Neukölln roch es am Wochenende penetrant nach verbranntem Plastik. Am frühen Samstagabend riet die Polizei den Anwohnern in Pankow und Köpenick über Lautsprecherwagen, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Gefahr bestand laut Gesundheitsverwaltung aber nie, obwohl die Brandwolke einen Mix chemischer Stoffe enthält (siehe Kasten): „Die Polizeianweisung war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Alle Messdaten liegen unterhalb der Grenzwerte“, sagte Sprecherin Roswitha Steinbrenner gestern.

Die Katastrophe nahm in der Nacht von Freitag auf Sonnabend ihren Lauf. Die Brandmeldung ging in der Feuerwehrleitstelle um 0.23 Uhr ein. Eine Müllhalde, fast zwei Fußballfelder groß, war in Brand geraten. Bis zu acht Meter hoch lagert die Firma hier Gewerbeabfälle, etwa Plastikverpackungen, Bauabfälle oder Holzreste. Einem 15.000 Tonnen schweren Riesenbrikett gleich ist dieser Haufen inzwischen durchgeglüht. 180 Feuerwehrleute, darunter 80 aus Berlin, mühen sich, die Oberhand zu bekommen.

Am Sonntagnachmittag rückten mehrere Teams von allen Seiten an, um mit Schaumkanonen einen Teppich über die Müllhalde zu legen. Tieflader fuhren heran und kippten Aushub darüber, auf einem Teil der Fläche erstickte das Feuer an der Oberfläche. „Die Taktik scheint sich zu bewähren“, sagte Behördensprecher Trill. Ziel ist, den starken Rauch einzudämmen und die darunter liegende Glut vom Sauerstoff abzuschneiden.

Der bis zum gestrigen Vormittag andauernde Regen hatte die Löscharbeiten absurderweise erschwert: „Er hat den Schaum hinuntergedrückt – in etwa so, als halte man eine Dusche über eine Wanne mit einem Schaumbad“, sagte Trill weiter. Das Landesumweltamt Brandenburg hat die Anlage der GEAB genehmigt und kontrolliert. Allerdings hatten sich in der Vergangenheit immer wieder Anwohner über den Gestank beschwert. Sie klagen auch über Kakerlaken, die sich vom Gelände aus in umliegende Häuser verbreiten. Es gab Verfügungen vom Amt, bestimmte Flächen wieder zu räumen, sagte Trill. Ob auch das brennende Areal dazu gehört, ist aber unklar.

Der Regen hat die Rauchwolke in manchen Gebieten als schmierigen Belag auf den Boden gewaschen. Die Polizei rief Autofahrer in der Region auf, vorsichtig zu fahren – zum Beispiel auf dem Berliner Ring, der A 11 in Richtung Stettin oder rund um Bernau.