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Die schnellere Bahn bringt mehr Fahrgäste

Zwischen München und Berlin konnte die Bahn den Ticketverkauf mehr als verdoppeln

Mit vollem Karacho durch den Thüringer Wald: Testfahrt auf der neuen Strecke im November 2017 Foto: Martin Schutt/dpa

Von Wolfgang Mulke

Die Suche nach günstigen Reisepreisen im Internet bringt den aktuellen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern schnell an den Tag. Von Berlin nach München fliegt Easyjet an einem Freitag im März für 57 Euro, die Lufthansa für 79 Euro. Der Fernbus wirbt mit Tickets ab 22 Euro, und die Bahn will beim Sparpreis 68 Euro. Das ist nicht einmal die Hälfte des Normalpreises.

Unverkennbar will die Deutsche Bahn den Fliegern Kunden abknöpfen. Dafür hat sie mit der erst im Dezember eingeweihten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den beiden Städten auch ein gutes Argument an der Hand. Die Fahrt dauert im Sprinter knapp vier Stunden. Der Zeitvorteil des Flugzeugs ist dahin. Das macht sich nach Angaben des Unternehmens in steigenden Passagierzahlen bemerkbar. Sie lägen 2,4-mal so hoch wie vor der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke, sagt ein Sprecher. Für das Gesamtjahr hat sich der Konzern viel vorgenommen. 3,6 Millionen Fahrgäste sollen diese Verbindung buchen, doppelt so viele wie bisher. „Das werden wir schaffen“, versichert der Sprecher.

Eigentlich müsste es auf der anderen Seite entsprechende Verluste geben. Doch davon will Lufthansa-Sprecherin Bettina Rittberger nichts wissen. „Wir haben keine spürbaren Auswirkungen“, betont sie und verweist auf die Zielgruppen der Fluggesellschaft. Viele Passagiere würden zu Anschlussflügen zum Drehkreuz München transportiert. Dazu kämen Geschäftsreisende, die morgens hin- und abends wieder zurückflögen. „Hier ist die Nachfrage sehr hoch“, sagt Rittberger. Sollten die Darstellungen zutreffen, verliert entweder das Auto Marktanteile, oder es reisen mehr Menschen.

Auf der Strecke Berlin–München ist der Zeitvorteil des Flugzeugs passé

Mitunter sind Rekordzahlen auch mit einer gewissen Skepsis anzusehen. Der Fernbusanbieter Flixbus meldet zum Beispiel einen Zuwachs um zehn Millionen Fahrgäste auf nun 40 Millionen im Jahr. Doch das Wachstum kommt vor allem durch die Expansion in andere Länder, auch wenn Sprecher Martin Mangiata auch von Zuwächsen im Inland spricht. Im ersten Halbjahr 2017 hat der Fernbus nach Zahlen des Statistischen Bundesamts aber an Zulauf verloren. Die Passagierzahl ging um 0,5 Prozent zurück.

Dagegen meldet die Bahn einen Fahrgastrekord nach dem anderen. Im vergangenen Jahr konnte die Rekordmarke von 139 Millionen Passagieren im Fernverkehr noch einmal übertroffen werden. Die mangelhafte Pünktlichkeit der Züge scheint sich nicht auf die Nachfrage auszuwirken.

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