die dritte meinung
: Facebooks Datensammelwut ist kein kartellrechtliches Problem, sagt Lorena Jaume-Palasí

Lorena Jaume-Palasí

ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von AlgorithmWatch. Sie forscht zur Ethik der Digitalisierung und Automatisierung.

Facebook sammelt personenbezogene Daten seiner Nutzer. Das Bundeskartellamt sieht darin ein Problem, wenn diese Daten über gemeinsame Schnittstellen von Drittanbietern wie WhatsApp kommen und ohne Zustimmung der Nutzer erhoben werden: Mit dieser Praxis missbrauche die Plattform ihre Marktmacht. Die Behörde verlangt von Facebook daher, die Zustimmung der Betroffenen zur Verarbeitung aller Daten einzuholen.

Doch würde dies dazu führen, dass Facebook weniger Marktmacht hätte? Daran nämlich krankt die Argumentation: Ein soziales Netzwerk ist funktional als Monopolist angelegt. Das liegt an der Natur des Geschäftsmodells einer Plattform: Viele Unternehmen können Käse oder Klamotten online verkaufen, aber der digitale Raum, in dem dieser Käse verkauft werden kann, ist keine Dienstleistung an sich, sondern eben die Plattform, auf der der Wettbewerb unterschiedlicher Dienstleistungen stattfindet. Es ist aus Sicht des Nutzers nicht unbedingt von Vorteil, wenn er nicht einfach zwischen mehr Waren wählen kann, sondern dafür einen anderen Marktplatz aufsuchen muss. Beste­hende Internetdienste sind keine direkte Konkurrenz: Twitter mag zwar in gewisser Weise Konkurrent von Face­book sein, bietet aber eine ganz andere Art von digitalem Raum an.

Jedes Mal einzeln die Zustimmung der Betroffenen zu verlangen, wird – ähnlich wie nervige Cookies-Meldungen auf jeder Website – nicht diesen „marktbeherrschenden“ Zustand ändern. Es verlagert vielmehr die Last dahin, wo sie nicht hingehört: zum Verbraucher.

Man kann Facebook mögen oder nicht. Tatsache ist, dass ein soziales Netzwerk eine Infrastruktur zur Ausübung von Grundrechten ist. Das ist nicht nur ein Verbraucherthema. Es ist ein bürgerrechtliches Thema. Die Grundlage, auf der Facebook Daten von Bürgern über Drittparteien sammelt, kann durchaus gesellschaftlicher Natur sein: Das Fortbestehen eines funktionierenden, allgemein zugänglichen sozialen Netzwerks ist im Interesse des Gemeinwohls.