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Versorgungslücken in BremenZu wenig Ärzte in Nord

Gesundheit und Wohlstand hängen zusammen: Gerade in ärmeren Stadtteilen mangelt es immer wieder an ÄrztInnen

Bremen-Nord ist nicht Bülowbogen: Dr. Brockmann hatte immer Zeit Foto: Dieter Klar/dpa

BREMEN | taz Wochenlang auf einen Arzttermin warten zu müssen, kommt vor, wenn man zu einem Spezialisten geht – bei Haus- oder KinderärztInnen sollte dies jedoch nicht der Fall sein. In Bremen-Nord aber gibt es Probleme bei der ärztlichen Versorgung. Nachdem 2016 drei Hausärzte dort Schwierigkeiten hatten, NachfolgerInnen zu finden, waren bald die beiden in Blumenthal niedergelassenen Kinderärzte überlaufen. Umfangreichere Vorsorgeuntersuchungen, Sprachbarrieren und mehr Bürokratie kosten Zeit.

Dabei ist die ärztliche Versorgung in Bremen rein rechnerisch gesichert, statistisch gibt es weder bei Haus- noch FachärztInnen einen Mangel. Diese verteilen sich jedoch nicht gleichmäßig über die Stadtteile. Während es in Gröpelingen bei fast 7.000 Minderjährigen drei niedergelassene Kinder- und JugendmedizinerInnen gibt, führt die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KV) für Schwachhausen bei etwas über 5.000 Kindern und Jugendlichen 21 ÄrztInnen auf. Von diesen sind zwar einige im Kinderzentrum am St.-Joseph-Stift untergebracht, doch auch wenn man diese herausrechnet, bleibt es dabei – weniger unter 18-Jährige, mehr MedizinerInnen.

„Eine Diagnose lässt sich in Schwachhausen allein schon wegen der Sprachbarriere leichter stellen als in der Hindenburgstraße“, sagt Helmut Zachau vom Gesundheitstreffpunkt West, der Leistungen wie etwa Beratungen oder Gemeinschaftsaktionen zur Gesundheitsprävention in den westlichen Stadtteilen anbietet. Außerdem, so Zachau weiter, trage der Anteil der PrivatpatientInnen in Schwachhausen zur Refinanzierung der Praxen bei.

Dass Ärzte in besser situierte Stadtteile gehen, wenn sie die Wahl haben, sei verständlich, sagt Steffi Dehne, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. „Es gibt aber auch welche, die da helfen wollen, wo es problematisch ist. Dennoch fehlen gerade in den Stadtteilen, die nicht auf Rosen gebettet sind, ÄrztInnen.“

Gesundheit ist eine Frage von Wohlstand. Mit Armut geht eine reduzierte Lebenserwartung einher. Das Wissen über gesunde Ernährung und einen gesundheitsfördernden Lebensstil muss sich zunächst angeeignet werden.

Mehr wohnortnahe Versorgung wäre nötig

„Es gibt eine hohe Korrelation zwischen Bildungsbenachteiligung, Gesundheit und Armut. Hinzu kommt, dass sich die Menschen nicht aus ihrem Stadtteil heraustrauen – es gibt psychische, kulturelle, materielle und Erkenntnisgrenzen. So bleiben die Menschen in ihrem Quartier“, erläutert Helmut Zachau. Umso wichtiger ist eine wohnortnahe Versorgung von Haus- und KinderärztInnen.

Wenn Arztsitze frei werden, ist es Aufgabe der KV, diese attraktiv zu machen

Magnus Buhlert, FDP

Ein Problem dabei ist, dass die Stadt Bremen wie auch Hamburg oder Berlin, ein einziger Planungsbezirk für die Bedarfsplanung ist. Die Festlegung der Bezirke erfolgt durch die KV. Die ungleiche Versorgung sei auf diese großräumige Planung zurückzuführen, sagt Nelson Janßen, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken. „Es wird nicht auf Stadtteilebene geschaut, und sozialräumliche Faktoren und Sozialindikatoren wie etwa die Armutsquote werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.“ So könne jede Ärztin und jeder Arzt frei entscheiden, wo sie oder er sich niederlasse.

„Auch wir müssen uns an geltendes Recht halten. Der Gesetzgeber sagt, dass es in der Stadt möglich ist, einen Arzt in einem anderen Stadtteil aufzusuchen“, erläutert der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, Christoph Fox. „Hinzu kommt im Fall von Bremen-Nord, dass dort von den Zahlen her eine Überversorgung herrscht. Hier würde selbst bei einer kleinteiligeren Planung kein Arzt dazukommen.“ Aufgrund der Argumentation der dortigen Ärzte, dass die Untersuchungen aufwendiger seien, solle nun aber ein weiterer Arztsitz dazukommen. „Das kann man über einen Sonderbedarf regeln“, sagt Fox.

„Das Problem wird wahrgenommen“, sagt auch Christina Selzer, Sprecherin der Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD). Es gebe zwar rein rechnerisch keinen Mangel, faktisch jedoch schon. Daher sollen ab 2018 in zwölf Schulen sogenannte Gesundheitsfachkräfte eingesetzt werden. „Diese sollen die Lücke schließen zwischen der Lebenswelt der Kinder und den Kinderärzten. Sie können vor Ort Probleme erkennen, sodass die Kinder nicht jedes Mal zum Arzt müssen. Es besteht aber natürlich auch die Möglichkeit, sie dann zum Arzt zu schicken“, erklärt Selzer.

Ärzte zieht es mehr in die Städte

Die Ansiedlung von Arztpraxen wird durch diese Maßnahme nicht verändert. „Armut macht krank und Krankheit arm. Daher braucht es mehr Ärzte in Stadtteilen, in denen sich die Problemlagen sammeln“, meint Nima Pirooznia von der Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft. Die Nachfolgeregelung von in Ruhestand gehenden ÄrztInnen sei überall ein Problem. „Es gibt jedoch Unterschiede zwischen Städten und ländlichem Raum – Großstädte ziehen Ärzte an.“ Es sei hier also weniger schwierig, NachfolgerInnen zu finden. Auch Pirooznia hält eine kleinräumigere Bedarfsplanung daher für den richtigen Weg. Wenn es dann noch pro­blematisch sei, Praxen zu besetzten, könne die KV finanzielle Anreize setzen, um diese attraktiver zu gestalten.

Magnus Buhlert von der FDP sieht die KV ebenfalls in der Verantwortung: „Natürlich müssen genügend Ärzte vorhanden sein, da ist die Situation in Bremen aber schon besser als etwa in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn Arztsitze frei werden, ist es Aufgabe der KV, diese attraktiv zu machen. Sie verfügt dazu über Instrumente.“

„Wenn es mit immer mehr Bereichen der ärztlichen Selbstversorgung Probleme gibt, muss der Bundesgesetzgeber an den Stellschrauben drehen“, findet der CDU-Bürgerschaftabgeordnete Rainer Bensch. Allerdings sei die Lage schwierig. „Die KV bemüht sich, etwa mit Lockangeboten und Umsatzausgleich.“ Für die Attraktivität der Stadtteile müsse auch der rot-grüne Senat mehr tun. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass der grüne Umweltsenator teure Premiumradwege bauen lassen will, wenn in Bremen-Nord in Gesundheit und Bildung investiert werden muss.“

Ganzheitliche Konzepte sind gefragt

Helmut Zachau vom Gesundheitstreffpunkt West ist davon überzeugt, dass zur Verbesserung der Gesundheit von ärmeren Bevölkerungsgruppen ganzheitliche Konzepte nötig sind und Bedarfe aus den Stadtteilen heraus definiert werden sollten. „Präventionsarbeit ist in Gröpelingen Beziehungsarbeit und läuft zum Beispiel über die Kinder.“ Was der Gesundheitstreffpunkt bereits biete, solle mit anderen Angeboten vernetzt werden. „Es braucht ein multifunktionales Gesundheitszen­trum, das sowohl ärztliche Versorgung und Physiotherapie sicherstellt, aber auch Bildungs-, Sozial und Gesundheitsarbeit leistet.“ So könne besser und strukturierter mit komplexen Problemen umgegangen werden. „Momentan werkeln acht, neun Institutionen an einer Familie herum, ohne die Arbeit untereinander zu koordinieren.“

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3 Kommentare

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  • In Altonas Ärzte Hochburg Große Bergstraße sind zwar viele Ärzte aus allen Bereichen, die Wartezeiten sind allerdings ebenso lang, wie die Beratungszeiten kurz sind. Klar kann ich alles mögliche im Internet lesen, aber wozu gibt es dann noch Ärzte, die vor lauter Stress nur das nachplappern, was ihnen die Lobbyisten in den Fortbildungskursen vorgepredigt haben.

    Und die Fachärzte glänzen nicht selten durch Aussagen wie, "das weiß' ich jetzt auch nicht so genau".

  • Die per Gesetz eingeführten

     

    "duale Finanzierung von Krankenhäusern"

     

    und

     

    "Fallpauschalen-System" bei der Abrechnung

     

    haben dazu geführt, dass nun mehr Wettbewerb unter Kliniken und unter Ärzten herrscht. Das war auch so gewollt vom Gesetzgeber. Außerdem immer mehr Krankenhäuser befinden sich in privater Hand.

     

    Vor allem deswegen mangelt es in einigen Regionen an Ärzten.

  • Es ist wie Gehirnwäsche langsam, wenn permanent Ursache Wirkungszusammenhänge verdreht werden.

    Wer doof ist und keine Lust hat, etwas dagegen zu unternehmen, der ist kaum geeignet für den Arbeitsmarkt. Es fehlen fachliche Eignung, den Arsch hochnehmen und Teamfähigkeit. Also wird es mit dem Verdienst nicht besonders.

    Diese Scheiß Egal Haltung hat man dann i.d.R. auch gegenüber seinem Körper und damit seiner Gesundheit und seiner Lebenserwartung.

    Jede/r hat Internetzugang (incl. H4ler) und kann alle möglichen Infos zu Ernährung, Gesundheit usw. bekommen. Mann muss manches eben 2-3 mal durchlesen.

    Und: Schaut mal in die Einkaufswagen, die Hälfte ist unnützer Scheiß, Alkohol, Chips, jetzt Böller, China Mist in allen Produktkategorien bei Aldi, Lidl, C&A und Co. Am Geld kann es also nicht liegen.

    Aber: Wenn Scheiß Egal das Lebensmotto ist.....ist Hopfen und Malz verloren.

    Und: Es gibt eben immer weniger Ärzte, die sich mit dem Verhalten solcher Menschen

    tagtäglich auseinander setzen wollen. Punkt.

    Und jetzt kommen die Entrüsteten mit ihren Kommentaren der Kategorie, die Wahrheit sagt man nicht, wenn sie nicht ins politische Konzept passt.