Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
:

Für die einen ist Weihnachten das Familien­ereignis des Jahres schlechthin, für die anderen der blanke Horror. Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass es für manche beides zugleich bedeutet. Die Adventszeit bildet da keine Ausnahme. Wer will, kann sich dieser Tage gründlich besinnen, wogegen ja strenggenommen gar nichts spricht. Statt Adventskranz eventuell schon mal bei einem Konzert. Und an Vorweihnachtlichem gibt es derzeit einiges zu hören. Der Berliner Konzertbetrieb feuert aus allen Rohren, ist schließlich das letzte Wochenende vor Heiligabend. Warum eigentlich nicht? Muss ja nicht immer das „Weihnachts-Oratorium“ sein, wobei das grundsätzlich immer geht. Doch hier sollen ein paar alternative Programme vorgestellt werden.Etwa das gemeinsame Konzert am Sonnabend, das der Berliner Chor Cantus Domus mit den georgischen Vokalensembles Tutarchela und Shavnabada in der Gethsemanekirche darbietet. Neben dem bewährten „Magnificat“ von Johann Sebastian Bach steht bei ihnen nämlich das Chorstück „Little Imber“ des georgischen Komponisten Giya Kancheli auf dem Programm. Besungen wird darin die englische Geisterstadt Imber, ein Dorf, das 1943 geräumt wurde und seitdem als Truppenübungsplatz diente. Kancheli tut das mit seiner eigenen Mischung aus Polyphonie, Minimal Music und georgischer Folklore (Stargarder Str. 77, 20 Uhr, Restkarten an der Abendkasse).

Eine ebenfalls etwas ungewöhnliche Weihnachtsmusik ist das Oratorium „L’enfance du Christ“ von Hector Berlioz. Der französische Komponist, dem sein für das 19. Jahrhundert eher dissonanter Stil von Zeitgenossen oft vorgeworfen wurde, hat mit diesem Werk einen echten Hit geschaffen, ein großes romantisches Drama um die biblische Weihnachtsgeschichte, das neben einem schlichten, sparsamen Klang immer wieder opernhafte Momente enthält. Für seine halbszenische Aufführung am Sonntag in der Philharmonie mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin (DSO) und dem Rias Kammerchor hat der neue DSO-Chefdirigent Robin Ticciati die aus „Harry Potter“-Verfilmungen bekannte irische Schauspielerin Fiona Shaw als Regisseurin verpflichtet (Herbert-von-Karajan-Str. 1, 20 Uhr, 20–63 €).

Auch mal schön: atonale Weihnachten. Ganz so wild wird der Abend „O Nata Lux – Weihnachtliche Chormusik im 20. Jahrhundert“ am selben Abend in der Villa Elisabeth mit dem Ensemble Opus Vocale aber wohl doch nicht. Dafür könnten Weihnachtslieder von Francis Poulenc oder Benjamin Britten durchaus mal etwas Abwechslung bringen (Invalidenstr. 3, 19.30 Uhr, 10/8 €).