Der 18. Geburtstag – ein Horrortrip

Die Kinder von kurdischen Flüchtlingen, die sich als Staatenlose aus dem Libanon ausgaben und so vor Abschiebung schützten, sind unschuldig. Dennoch droht rund 100 von ihnen die Abschiebung in ein Land, das sie nicht kennen

Bremen taz ■ Noch ist das Thema „Kurden aus Türkei und Libanon“ in der Innendeputation nicht besprochen. Doch hat die SPD schon die Antwort des Senats auf ihre kleine Anfrage zu dem Thema. Sie fällt bedrückend aus – und zwar insbesondere für die Generation der Kinder dieser arabisch sprechenden Zuwanderer. Von ihnen werden nach Angaben der Innenbehörde rund 100 bis zum Jahr 2009 volljährig. Doch: Mit ihrem 18. Geburtstag können sie abgeschoben werden. Dabei haben die wenigsten von ihnen Erinnerungen an ein Leben außerhalb Deutschlands.

Die Misere begann mit der Flucht der Eltern, oft aus dem bürgerkriegszerissenen Libanon, oft auch aus den PKK-Gebieten der Türkei, wo sie als arabischsprachige Minderheit schlecht lebten. In Deutschland jedenfalls gaben viele an, staatenlose Kurden zu sein – obwohl eine beträchtliche Zahl von ihnen wegen türkischer Wurzeln noch in Registern der Türkei geführt wurden. Oder sich führen ließen – auch weil sie im Libanon keine Aussicht auf Einbürgerung hatten. Dafür, so sieht es heute aus, müssen die Kinder nun zahlen – mit dem völligen Verzicht auf Zukunftsperspektiven. „Höchst unbefriedigend“, nennt dies der SPD-Innenpolitiker Hermann Kleen. „Unmenschlich“, sagt dazu der Grüne Innenpolitiker Matthias Güldner. „Aus Gründen der Menschlichkeit und im Interesse der Allgemeinheit“ dringt auch der Bremer Rechtsanwalt Albert Timmer, der viele Familien vertritt, auf eine Lösung der Probleme. Eines seiner Argumente: Auch die Ausländerbehörde zeige sich den vielfältigen Problemen in diesen Verfahren nicht gewachsen. Zu viele Beispiele belegten, dass „sie weder positiv Aufenthaltserlaubnisse verlängern oder erteilen könne, noch negativ Abschiebungen tatsächlich durchführt.“ Das belegen auch die Angaben des Innensenators: Viele der einst pressewirksam als „500 Asylbetrüger“ Diffamierten konnten nur schwer abgeschoben werden. Darunter waren auch 18, die gerade volljährig wurden. 57 weitere Ausreiseverfügungen wurden erstellt – viele sind strittig vor Gericht.

Dass die Situation gerade für die minderjährig eingereisten Kinder „im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten kann“, das räumt auch die Innenbehörde ein. Einen Vorschlag zur Lösung hat sie nicht, eine künftige Gewährung von Aufenthalten sei „abhängig von weiteren Beratungen über die Einrichtung einer Härtefallkommission“. Ausgerechnet jenem Gremium, dessen Gründung die Bremer CDU stets blockierte – gegen den Druck von SPD, Grünen und Kirchen.

„Dass es keine Härtefallkommission gibt, ist kein Versäumnis dieser jungen Menschen“, kritisiert denn der Grüne Güldner. „Aus Gründen der Menschlichkeit“ drängt er auf eine länderspezifische Altfalllösung.

Die Haltung der CDU-geführten Innenbehörde nennt auch der SPD-Innenpolitiker Kleen „zynisch“. Er ist besonders besorgt um die von Abschiebung bedrohten Frauen. „Man kann diese jungen, in Deutschland sozialisierten Frauen nicht in die hinterste türkische Wallachei schicken.“ Zugleich sei es zynisch, so zu tun, als könnten diese „immer wohl behüteten Mädchen“ auch nach Istanbul gehen. Ihm hätten Berufsschullehrer zu denken gegeben, die sich für diese Gruppe der mehrsprachigen Frauen einsetzen. In der Altenpflege oder in der Arztpraxis seien sie gesucht. „Darüber sollte man auch wegen der demographischen Entwicklung in Deutschland nachdenken.“ ede