Der Raum wird knapper

In Berlin fehlen 4.000 neue Ateliers. Bis 2020 will der Senat 2.000 Ateliers schaffen. Es ist zweifelhaft, ob die Landespolitik das Versprechen halten kann

Von Susanne Messmer

In den Jahren 2018 und 2019 wird die Senatsverwaltung für Kultur so viel mehr Geld auszugeben in der Lage sein wie zuletzt vor einem Vierteljahrhundert – viele Museen, Opern, Kinder- und Jugendtheater und sogar die freie Szene werden mit dringend benötigten zusätzlichen Geldern bedacht. Und doch gibt es einen kulturpolitischen Auftrag, bei dem selbst der ewig optimistische Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) ein wenig nachdenklich wird. „Der Druck auf den knappen Raum wird größer“, sagte er am Montagnachmittag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses, und deutlicher: „Wir sind der Zeit nicht voraus.“

Immer schwerer fällt es nicht nur Mietern, sondern auch Künstlern aller Sparten, in der Hauptstadt, selbst außerhalb der Innenstadt noch bezahlbare Arbeitsräume zu finden. Die rot-rot-grüne Koalition hat zugesagt, 2.000 neue Räume bis zum Jahr 2020 zu schaffen – und damit wenigstens einem Drittel der in Berlin lebenden bildenden Künstler eine Chance auf ein bezahlbares Atelier zu geben. Das Problem dabei: Es gibt eine Bilanz, die der Ate­lier­beauftragte Berlins, Martin Schwegmann, im Kulturausschuss vorlegte, und sie ist verheerend. Sie lässt ernste Zweifel daran aufkommen, dass die 2.000 neuen Räume überhaupt noch zu schaffen sind.

Nach Schwegmanns Angaben fehlen mittelfristig allein rund 4.000 Ateliers für bildende Künstler. Jedes Jahr gehen durch massive Mieterhöhungen rund 350 bezahlbare Ateliers verloren. Im Jahr 2017 hätten 500 Künstler Bedarf angemeldet, man habe aber nur 70 Ateliers vergeben können, 47 seien neu geschaffen worden. Schwegmann erwartet, dass er 2018 und 2019 lediglich 250 Ateliers wird anbieten können.

Was also tun? Eines der wenigen erfolgreichen Projekte, die sich Klaus Lederer nicht nur im Kulturausschuss, sondern wenige Stunden zuvor bei einem Hintergrundgespräch für Journalisten in seiner Senatsverwaltung auf die Fahne schrieb, ist das Atelierhaus an der Prenzlauer Promenade. Dort konnte gesichert werden, dass 80 Künstler bleiben, und auch, dass weitere 375 Ateliers und Proberäume für darstellende Kunst und Tanz sowie Musikübungsräume entstehen sollen.

Bei anderen geeigneten Groß­immobilien wie dem Haus der Statistik, der Alten Münze und dem Dragoner-Areal allerdings, so räumt auch Lederer relativ kleinlaut ein, ist bislang völlig unklar, woher das Geld für Sanierung und Entwicklung kommen soll. Es ist also noch nicht einmal sicher, ob es dort überhaupt erschwingliche Räume geben wird – geschweige denn, wann sie bezogen werden könnten.

Am Ende des Kulturausschusses bringt es der Abgeordnete und kulturpolitische Sprecher der Grünen, Daniel Wesener, noch einmal auf den Punkt: Die Frage nach Räumen sei „die politische Gretchenfrage“, an der sich die Koalition nicht nur kulturpolitisch „wird messen lassen müssen“. Und da die Stadt in Zeiten klammer Kassen alle Liegenschaften verkauft hat, die sie nun gern nutzen würde, scheitert es heute längst nicht mehr nur am Geld. „Es scheitert auch an der Umsetzung.“