piwik no script img

Wir sagen Tschüß und Hallo

Die Bewegungs-Seite vom Dienstag zieht um. Ab dem 1. November berichten wir nun jeden Donnerstag im neuen taz.plan, der Wochenbeilage für Berlin. Voller Vorfreude blicken wir noch einmal wehmütig zurück

Hach, das waren schöne Jahre. Seit Juli 2009 haben wir hier, immer dienstags, Initiativen aus den sozialen Bewegungen vorgestellt. So sind 166 Porträts entstanden. Ein buntes Mosaik von Akteuren, die sich für gesellschaftlichen Wandel engagieren oder, je nach Sichtweise, die permanente Revolution leben.

Dabei sind wir über so skurrile Highlights gestolpert wie Herrn Schott, der in der Straßenverkehrsordnung nachgelesen hatte, dass Fußgänger, die Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführen, die Fahrbahn benutzen müssen. „Straßen benutzen – als Fußgänger“, nannte er seine Aktion. Er war dann auch selber mit einem riesigen Handkarren unterwegs und sorgte so ganz amtlich für Entschleunigung. In den meisten Artikeln haben wir aber die klassischen NGOs und Polit-Gruppen etwas genauer unter die Lupe genommen. Wie funktioniert eigentlich Amnesty International oder wie definiert die Interventionistische Linke den Begriff „linksradikal“? Und was ist von einer Gruppe zu erwarten, die sich selbst SaU nennt?

In den drei Jahren sind wir vielen spannenden politischen Ansätzen begegnet. Beeindruckt hat uns zum Beispiel die Initiative „Stadt Neudenken“, die für eine alternative Liegenschaftspolitik eintritt. Städtische Immobilien sollen nicht mehr meistbietend verkauft, sondern mit sozialökologischer Rendite an lokale Initiativen verpachtet werden. Oder die BGE-Lobby, die sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzt. Ihr Ziel: keine soziale Diskriminierung mehr. Sie erklärten uns, warum die Menschen trotzdem arbeiten, auch wenn sie jeden Monat ein Grundeinkommen auf das Konto bekommen.Nicht zu vergessen die vielen antifaschistischen Gruppen aus Berlin. Da es sich ohne Nazis viel schöner leben lässt, war uns schon immer bewusst. Dass hierzu auch sehr viel Mut gehört, zeigen die Entwicklungen in Schöneweide, das in den letzten Jahren zu einem Treffpunkt für Neonazis aus Berlin und Umgebung geworden ist.

Auch mit der dunklen Seite der Macht, Pardon, mit dem Gegenpart der Bewegung kamen wir hier und da in Berührung. In einem Artikel kündigten Klimaaktivisten an, Kohle-Transporte auf der Spree kapern zu wollen. Am nächsten Tag klingelte das Telefon bei der taz. Eine junge Dame wollte wissen, welcher Autor sich hinter dem Kürzel JAL verbergen könnte. Im Gespräch ließ sich herauskitzeln, dass sie Medienrecherche für große Konzerne betreibt. Sie war nicht bereit zuzugeben, dass sie für Vattenfall arbeitet. Wir waren nicht bereit, JAL zu dechiffrieren.

Am Anfang war uns nicht ganz klar, wie viele Menschen und Gruppen sich in Berlin für eine bessere Welt engagieren. Inzwischen wissen wir, dass wir noch mindestens 3 Jahre jede Woche eine dieser Gruppen vorstellen könnten. Auf der Bewegungsplattform der taz (www.bewegung.taz.de), Quelle unserer Inspiration, stellen sich inzwischen rund 380 Initiativen aus Berlin vor.

Die Anzahl der Themen und Akteure spiegelt zugleich auch die sozialen und ökologischen Baustellen wider. Da schwanken beim Schreiben und Recherchieren auch mal Hoffnung und Frustration hin und her. Wenn so viele Menschen so aktiv sind, dann muss sich doch endlich mal was ändern. Oder sind die sozialen Bewegungen nur eine Art gesellschaftlicher Reparaturtrupp, der das Schlimmste verhindert? Nun, wir wissen es auch nicht, aber Veränderung braucht eben seine Zeit.

Womit wir beim Thema wären. Wie geht es denn nun weiter? Ein anderer taz.plan ist möglich, klar. Und die taz stand ja schon immer für Veränderung. Auch im eigenen Blatt übrigens. Nun ist nicht jede Veränderung gut, aber beim taz.plan ist sie es. Der tägliche taz.plan wird nun zu einer Wochenbeilage zusammengelegt. Jeden Donnerstag gibt es dann 16 Seiten Berlin pur. Termine, Action, Fun und alles, was an und in Berlin spannend ist. Auf einer halben Seite präsentieren wir das Thema der kommenden Woche. Jörg Sundermeier sichtet wie gewohnt kompetent und kritisch die sozialen Bewegungen der Stadt. Und in einer Info-Spalte werden wir kurz und übersichtlich politische Veranstaltungen auflisten.

Jörn Alexander, Lukas Dubro

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen