„Totò der Kurze“ stirbt in Haft

Salvatore „Totò“ Riina war der wohl blutigste Mafiaboss. Noch aus dem Gefängnis ließ er morden

Schwer bewacht ins Gericht: Totò Riina im Jahr 1996 Foto: Gianni Schicchi/ap

Aus Rom Michael Braun

Salvatore „Totò“ Riina ist tot. Der wohl blutigste aller Bosse in der Geschichte der Mafia starb am frühen Freitagmorgen im Alter von 87 Jahren, von denen er die letzten 24 in Haft verbracht hatte. Riina war mehr als ein Dutzend Mal wegen der zahlreichen von ihm selbst begangenen oder in Auftrag gegebenen Morde zu „lebenslänglich“ verurteilt worden. Seine Strafe saß er im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses der oberitalienischen Stadt Parma ab. Bis zuletzt schwieg er eisern über seine Verbrechen, genauso wie über die Verbindungen der Mafia zur Politik.

Begonnen hatte „Totò u curtu“ („Totò der Kurze“) seine Karriere in dem Nest Corleone in der Provinz Palermo. Früh schon mit Viehdiebstahl und illegalen Schlachtungen beschäftigt, wurde er mit gerade mal 19 Jahren zum ersten Mal wegen Totschlag verurteilt; nach sechsjähriger Haft begann er an der Seite seines Gefährten Bernardo Provenzano den rasanten Aufstieg in der Cosa Nostra.

„Die Bestie“ wurde er auch genannt, weil er Gegner rücksichtslos aus dem Weg räumte. Seinen endgültigen Aufstieg an die Spitze der sizilianischen Mafia vollzog er Anfang der 1980er Jahre, als er die bis dahin kommandierenden Mafiosi aus der Stadt Palermo in einem Krieg aus dem Weg räumte, der Hunderte Opfer forderte.

Konsequent setzte Riina von nun an darauf, Polizisten, Richter und Staatsanwälte zu töten, die der Mafia in die Quere kamen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Mordserie mit den beiden Bombenanschlägen von 1992, als die Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino samt ihren Begleitschützern umgebracht wurden. Im selben Jahr ließ Riina auch den christdemokratischen Politiker Savo Lima ermorden, dem er vorwarf, trotz seiner Verbindungen zur Mafia nicht verhindert zu haben, dass Dutzende Bosse in einem Großprozess zu hohen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Riina hatte damit erstmals in der Geschichte der Mafia dem Staat den Krieg erklärt. Er selbst wurde im Januar 1993 verhaftet, wahrscheinlich verraten von seiner eigenen Organisation, der es die Fahnder erlaubten, in aller Ruhe Riinas letztes Versteck von allen Dokumenten zu säubern, ehe erst nach Tagen die Polizei zur Beweissicherung anrückte.

Doch zunächst ließ Riina auch aus der Haft heraus weitermorden. In einer Serie von Bombenattentaten, die im Jahr 1993 Rom, Florenz und Mailand trafen, kamen insgesamt 12 Menschen ums Leben. Aussagen diverser Mafiosi legen nahe, dass es das Ziel Riinas war, den Staat an den Verhandlungstisch mit der Cosa Nostra zu bomben.

Riina selbst verweigerte immer die Aussage, doch in abgehörten Gesprächen mit einem anderen Boss rühmte er sich in der Haft, er habe Falcone ermorden lassen. Bis zuletzt erging er sich in Drohungen: So wünschte er in den abgehörten Gesprächen dem Staatsanwalt Nino Di Matteo das gleiche Ende wie Falcone. Die Behörden nahmen es ernst: Di Matteo steht rund um die Uhr unter Polizeischutz.