Marcus Woeller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Auf der Biennale von Venedig überzeugte der rumänische Pavillon im vergangenen Jahr mit einem Blick in die Vergangenheit. Besonders Ion Grigorescu gelang es während des totalitären Ceausescu-Regimes, politischen Widerstand künstlerisch zu artikulieren. Mit seiner schonungslosen Body Art, die Performance und Konzeptkunst zu einer Einheit verschmolz, wurde er nicht nur zu einem der bekanntesten Künstler Rumäniens, sondern auch zum internationalen Vorreiter einer Kunstauffassung, die den eigenen Körper radikal als Bildmedium einsetzte. Die Berliner Zweigstelle der slowenischen Galerija Gregor Podnar würdigt den 67-Jährigen nun mit einer Einzelausstellung. Seine Fotos, Videos, Zeichnungen und Skulpturen bezeugen einerseits den Wandel alltäglicher Lebenswelten, sind andererseits aber auch Zeugnisse der ständigen Transformation künstlerischer Kontroverse. Auch an den zweiten rumänischen Beitrag auf der Biennale 2011 wird derzeit in Berlin erinnert: Club Electroputere recherchierte aber in der jüngeren Vergangenheit nach 1990. Mit der Umwandlung des Freizeitraums einer Fabrik in ein Zentrum für kreative Praxis rückte der Club die Kreisstadt Craiova von der Peripherie in den Mittelpunkt der zeitgenössischen Kunst. Auch hier bedingen sich historische Recherche und die Diskussion gegenwärtiger Probleme wechselseitig. Die Galeria Plan B, die neben ihrem Hauptsitz in Cluj auch eine Dependance an der Potsdamer Straße betreibt, stellt das Projekt nun vor – die Parallelen zur jüngeren Berliner Geschichte sind unübersehbar. Plan B formuliert damit den Anspruch, Berlin wieder vermehrt in den Kontext osteuropäischer Kulturentwicklung einzubinden. Künstlerische Energie, auf der sich ein aktueller Mythos Berlins gründet, geht nämlich – man soll es kaum glauben – auch noch von anderen Städten aus.

■ Ion Grigorescu, „Afternoon in Piatra Neamţ“, bis 12. 1., Di.–Sa., 11–18 Uhr, Galerija Gregor Podnar, Lindenstr. 35

■ Electroputere, bis 15. 12., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Galeria Plan B, Potsdamer Str. 77–87, Hof G