Hoher Druck im
Münchner Kessel

Horst Seehofers Parteifreunde sondieren, wer den CSU-Chef zeitnah beerben könnte

Nach den Sondierungen will Horst Seehofer eine Ansage an die CSU machen

„Kesseltreiben“ – die Vokabel ist eindeutig: Horst Seehofer ist wenig begeistert von dem, was Teile seiner Partei gerade mit ihm veranstalten. Nachdem sich die bayerische Junge Union am Wochenende für seine Ablösung starkgemacht hat, meldete sich am Montag der CSU-Chef selbst zu Wort. „Sobald die Sondierungsphase vorbei ist“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, „werde ich ein bis zwei Tage nachdenken und dann klar sagen, welche Formation ich mir vorstelle.“ Dann werde er auch auf das „Kesseltreiben“ eingehen, „das gegen mich betrieben wird“.

Schützenhilfe bekam Seehofer von verbliebenen loyalen Parteifreunden. „Das ist in der Tat nicht hilfreich, was da geschieht“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im ZDF. In der CSU-Führung habe man verabredet, sich erst einmal voll auf die Sondierungen in Berlin zu konzentrieren. Da gehe es schließlich um die Zukunft des Landes. „Wenn die abgeschlossen sind – wir gehen von zwei Wochen aus –, werden wir uns Zeit nehmen für die zweifellos wichtige innerparteiliche Diskussion.“ Die Personaldebatte schwäche die Position der CSU.

Auch Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags, zeigte sich verärgert über die Parteijugend. Sie könne deren Ungeduld nicht nachvollziehen, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Es könne nicht nur ein Einziger für das Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl verantwortlich gemacht werden. Und Christian Schmidt, derzeit noch CSU-Vize und Bundeslandwirtschaftsminister, forderte die Partei auf, „die Reihen zu schließen“.

Tatsächlich gehört es zu den zahlreichen Problemen, die die Partei derzeit umtreiben, dass ihr Politiker fehlen, die in Berlin auch nur ein annäherndes Standing hätten wie Seehofer. Insofern wird es für die personelle Zukunft der CSU auch wesentlich sein, mit welchem Verhandlungsergebnis Seehofer heim nach Bayern kommt. Andersrum bedeutet das aber auch, dass die Personaldiskussion daheim den Druck auf Verhandlungsführer Seehofer verstärkt. FDP und Grüne haben sich schon besorgt gezeigt, dass dies nun zu einem noch kompromissloseren Auftreten des CSU-Chefs führen könnte.

In Bayern werden indes eifrig Szenarien durchgespielt, wie sich das Personalkarussell weiterdreht. Nicht wenige vermuten, Seehofer werde bald seinen Sessel als Ministerpräsident räumen, zumindest aber von der angestrebten Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2018 absehen. In diesem Fall scheint Finanzminister Markus Söder als Nachfolger gesetzt. Dann wäre es auch denkbar, dass der bundespolitisch völlig unerfahrene Söder den Parteivorsitz einem anderen überlässt.

Aber wem? Unter den üblichen Verdächtigen scheinen zwei die größten Chancen zu haben: Alexander Dobrindt, der derzeit mächtigste Bundestagsabgeordnete der Partei, oder eben Seehofer. Wenn die Parteigeschichte jedoch ­eines gelehrt hat, so dieses: Meistens kommt es anders. Dominik Baur