Hybride Zukunft

AUS FRANKFURT/MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gestern bei der Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt den Anstieg der Treibstoffpreise als Besorgnis erregend bezeichnet. Die Explosion der Spritpreise und die damit einhergehende Angst vor einer globalen ökonomischen Katastrophe haben auch Schröder zum Umdenken animiert. Die Ökologie ist für den Kanzler plötzlich „eines von den drei Topthemen“. Die Experten in Rotterdam und die Broker in New York sind sich sicher, dass sich die Preise für das knappe Gut – angesichts auch der begrenzten Raffineriekapazitäten – nur in eine Richtung entwickeln werden: steil nach oben. Deshalb ist jetzt etwa der Hybridmotor – eine Kombination aus Elektro- und Benzinmotor – Diskussionsthema Nr. 1 auf der IAA, die eigentlich unter dem Motto: „Faszination Auto!“ stehen sollte. Rund 80 Premieren wurden im Vorfeld der weltweit größten Autoschau angekündigt – vornehmlich handelt es sich dabei um kraftstrotzende und spritfressende Luxusgeländewagen.

Seit dem Hurrikan „Katrina“ ist der dem Schadstoffausstoß von Fabrikanlagen und Kraftfahrzeugen weltweit geschuldete Klimawandel auch in den USA ein Thema. Wie etwa bei den Japanern schon lange. Die Autobauer von Honda und Toyota bieten seit Jahren Autos mit Hybridmotor an, entwickelt übrigens von Wissenschaftlern aus Aachen. Und sie machen damit in Fernost, in den USA und seit gut zwei Jahren auch in Westeuropa gute Geschäfte. So weit ist in Deutschland und auch in den USA noch kein Unternehmen. Und auch DaimlerChrysler hinkt der Entwicklung hinterher. Die Firma präsentiert auf der IAA gerade einmal ein einziges, bis zur Serienreife entwickeltes Fahrzeug mit Hybridmotor: Den Smart crosstown mit niedrigem Verbrauch und trotzdem „sehr viel Fahrspaß“, der sich bei Menschen über 1,50 Meter allerdings in Grenzen hält. Und eine Entscheidung darüber, ob der Hybridmotor auch in andere Modelle des Kleinwagens eingebaut wird oder nicht, sei noch nicht gefallen. Immerhin gibt sich der deutsch-US-amerikanische Konzern aktuell viel Mühe, bei der Entwicklung von futuristischen Brennstoffzellen-Antriebssystemen für Automobile die Nase vielleicht einmal vorne zu haben. Zusammen mit Ford übernahm DaimlerChrysler das Brennstoffzellen-Systemgeschäft des kanadischen Weltmarktführers Ballard Power Systems.

Dass dem Hybridmotor möglicherweise die Zukunft gehört, haben sie bei Volkswagen auch schon gemerkt. Die Produktion des extrem verbrauchsarmen Dreiliterautos Lupo hat man dort eingestellt – ein paar Monate vor dem rasanten Spritpreisanstieg. Dafür produziert die VW-Tochter Bugatti jetzt den Veyron 16.4 mit einer Spitzengeschwindigkeit von 400 Km/h und einem Spitzenverbrauch von knapp 100 Liter auf 100 Kilometer. Preis: eine Million Euro. Vielen potenziellen Autokäufern war schon der Lupo zu teuer. Aber bei aktuellen Benzinpreisen von 1,35 Euro und mehr wäre der Kleine heute ganz sicher „der Renner“. Dumm gelaufen für VW. Zusammen mit Porsche planen die Wolfsburger jetzt eine „Allianz“ zum Bau von Hybridmodellen. Die Konzerntochter Audi präsentiert auf der IAA bereits ein Hybridfahrzeug als Modell: den Geländewagen Q7.

Opel setzt beim Benzinsparen zunächst nicht auf Hybridantriebe, sondern auf mit Erdgas zu betreibende Motoren und ist dabei Marktführer in Deutschland. Auch wenn hierzulande die Erdgas- an die Ölpreise gekoppelt sind, also Benzin- und Gaspreise zeitgleich steigen: der Preisvorteil dürfte angesichts der Subventionierung wohl noch einige Zeit bleiben. Opels Problem liegt wo anders. Das Gastankstellennetz ist in Deutschland – ganz im Gegensatz etwa zu Italien – noch sehr dünn; die Erdgasfahrzeuge von Opel verfügen deshalb alle noch über einen Benzintank.